was macht eigentlich ...Lutz Bertram?

Berufen reden

So ist das mit der Gnade: Manchmal ergeht sie vor dem Recht –wobei zu fragen wäre, was Recht ist. Und was Gnade.

Um etwas weniger geheimnisvoll zu schreiben: Es geht um Lutz Bertram, 50, der den Ossis unter uns noch lebendig in Erinnerung sein mag: Der frühere Hörfunkmoderator der ostdeutschen Jugendwelle „DT 64“ erlangte in den letzten Jahren vor und den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung einen Kultstatus bei vielen Radiohörern und Zeitungslesern: weil er Prominente aus Kultur, Wirtschaft und Politik oft so gekonnt interviewte.

Zuletzt arbeitete er als Morgenmoderator des RBB-Vorgängers ORB (wir erinnern uns). Dann bekannte er sich Anfang der 90er-Jahre zu seiner Stasi-Mitarbeit – und wurde deshalb vor acht Jahren entlassen. Nun aber geht er wieder auf Sendung: Im RBB-Sender „Antenne Brandenburg“ kann er Landesbischof Wolfgang Huber zum Thema „Beruf und Berufung“ interviewen.

Antenne-Chef Christoph Singelnstein begründet dies damit, dass er „sein Angebot interessant fand“. Bertrams Stasi-Engagement sei „zehn Jahre her, da muss man auch mal Gnade vor Recht ergehen lassen“. Allerdings werde es ein weiteres „Antenne“-Interviewer von Bertram „erst mal“ nicht geben, so Singelnstein.

Was lernen wir daraus? Qualität setzt sich eben manchmal durch – auch wenn man Worte wie „Gnade“ und „Recht“ dabei nicht bemühen sollte. Dazu berufen sind nur wenige. Aber gespannt auf die Sendung heute Abend wird man sein dürfen.

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