Badespaß mit tödlichem Ausgang

Bei dem Beschuss einer Gruppe Jugendlicher im Kosovo werden zwei Menschen getötet und dutzende verletzt. Belgrad verlangt eine Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats. Auch im Süden Serbiens häufen sich Angriffe auf serbische Streitkräfte

aus Belgrad IVAN IVANJI

Es hatte alles ganz friedlich begonnen: Am Mittwochmittag badeten einige dutzend Kinder und Jugendliche aus Gorazdevac nahe der Stadt Pec im Kosovo im Fluss Sitnica. Gorazdevac ist eines der wenigen Dörfer im Süden der umstrittenen Provinz, in dem noch Serben leben. Die internationale Mission Unmik hatte erklärt, die Sicherheit sei jetzt gewährleistet. Plötzlich wurde aus einem Gebüsch vom anderen Ufer aus mit einer Kalaschnikow das Feuer eröffnet. Ein Elfjähriger und ein Neunzehnjähriger waren auf der Stelle tot, sechs weitere Jugendliche schwer verletzt. Als einer der verwundeten Teeneger in ein Auto gelegt und in das nächstliegende Krankenhaus gebracht werden sollte, wurde das Fahrzeug von Albanern mit Steinen beworfen, um es zum Halten zu bringen.

Etwa zum selben Zeitpunkt landete in Priština der neue hohe Vertreter der UNO, der ehemalige finnische Ministerpräsident, Harri Holkeri. Während man auf serbische Kinder und Jugendliche schoss, wurde Holkeri von Albanern ein feierlicher Empfang bereitet. Er reagierte bestürzt auf die Nachricht und erklärte, man werde nicht erlauben, dass „einige Extremisten, egal welcher Nation sie angehören“ die Zukunft gefährdeten. Auch der Kommandant der KFOR, Fabio Mini, und die Regierung der Provinz, die aus Kosovo-Albanern zusammengesetzt ist, verurteilten die Tat.

Angesichts der Tatsache, dass der Kindermord nur der bisherige Höhepunkt einer anhaltenden Eskalation ist, sind Erklärungen jedoch für die Serben im Kosovo keine Lösung. Die Regierung in Belgrad forderte eine Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York einzuberufen. Morde würden im Kosovo am laufenden Band verübt und das geschehe in Angesicht von Unmik und KFOR, die auf der Grundlage der Resolution des Sicherheitsrates 1244 im Lande seien, hieß es zur Begründung.

Zwei Tage zuvor ware einem am selben Fluss angelnden Serben in den Mund geschossen worden. Er liegt seitdem im Koma. Im Süden Serbiens nahe der Grenze zu Kosovo, wo die drei Gemeinden Presevo, Bujanovac und Medvedja mehrheitlich von Albanern bewohnt werden, wurde ein Kasernengelände der serbischen Streitkräfte mit Mörsergranaten beschossen. Dazu bekannte sich die im Kosovo agierende albanische Geheimtruppe ANA im Internet. Sie war von Holkeris Vorgänger, dem Deutschen Michael Steiner, als „terroristische Organisation“ verboten worden, wirkt aber weiter. Tags darauf wurde eine Armeepatrouille im Süden Serbiens von Albanern beschossen.

Das sind nur einige der jüngsten Vorfälle die eine Bedrohung des brüchigen Friedens in der Region darstellen. Der Verteidigungsminister Serbiens und Montenegros, Boris Tadiać, erklärte, albanische Extremisten hätten die Absicht, die Streitkräfte zu provozieren, man müsse aber Ruhe bewahren und dürfe sich zu keinen Racheaktionen hinreißen lassen. Der serbisch-orthodoxe Bischof im Kosovo, Artemije, sagte, er könne nicht begreifen, dass Europa im XXI. Jahrhundert in seinem Herzen solche Verbrechen dulde, sie seien eine Schande nicht nur für die Täter, sondern für die ganze Welt, die ruhig zuschaue.

Die serbische Regierung hat nun dem Parlament eine Deklaration zugestellt, in der unter Berufung auf die Resolution des Sicherheitsrats, Kosovo als Teil des souveränen Serbiens behandelt wird. Das hat manche Albaner in Rage gebracht. Im September sollten erste Gespräche zwischen Belgrad und Priština über die Lösung praktischer Fragen beginnen. Sie sind jetzt gefährdet. Vielleicht hatten die Terroristen die Verhinderung einer Annäherung zum Ziel.