Dem Südpazifik droht die Australisierung

Australiens Regierung will die südpazifischen Inselstaaten nach seinen Sicherheitsinteressen positionieren

Australien will der langfristige Wächter für die südpazifische Region sein

MELBOURNE taz ■ Australiens Premierminister John Howard hat bei dem im neuseeländischen Auckland gerade beendeten Gipfel des Pazifischen Insel-Forums die Weichen für eine südpazifische Gemeinschaft nach dem Vorbild der Europäischen Union gestellt. Das Forum ist ein von den Exkolonialmächten vor 40 Jahren geschaffene Vereinigung melanesischer, polynesischer und mikronesischer Inselvölker.

Der von einem Ausschuss des australischen Senats ausgearbeitete Plan sieht eine Integration der Volkswirtschaften, eine auf dem australischen Dollar basierende Gemeinschaftswährung, die Zusammenlegung von Flug- und Schiffslinien, einen gemeinsamen Abbau von Bodenschätzen sowie eine Sicherheitskooperation vor. Geplant ist auch der von Australien finanzierte Aufbau einer regionalen schnellen Eingreiftruppe der Polizei. In einer Akademie auf den Fidschi-Inseln sollen dafür jährlich 900 Polizisten ausgebildet werden. Katalysatoren dieser Entwicklung sind die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus und der Zusammenbruch einiger Inselstaaten.

Die „Australisierung“, die mit der politischen Neuorientierung einhergeht, begrüßen nicht alle 16 Forums-Mitglieder. Vor allem eine Beschränkung ihrer Souveränität befürchten die südpazifischen Staatsführer. Howard signalisierte in Auckland, dass Australien eine Rolle als langfristiger Wächter der Region spielen wolle. Es sei in Australiens Interesse sicherzustellen, dass es in der Region keine gescheiterten Staaten gebe, in denen Terrorismus, Menschen- und Drogenhandel aufblühten.

Laut dem Bericht des zuständigen australischen Senatsausschusses gehe es heute vielen südpazifischen Ländern wirtschaftlich schlechter als bei der Entkolonisierung vor 40 Jahren. Zuletzt hätten Putsche, Armeerevolten, ethnische Konflikte und Korruptionsskandale die Region erschüttert. Zurzeit bemüht sich eine von Australien geführte 2.000-köpfige regionale Eingreiftruppe in den Salomonen, Rebellen zu entwaffnen und die Ordnung wiederherzustellen.

Umstritten ist Australiens Ankündigung, die teilweise hohen Entwicklungsgelder für jene südpazifischen Länder zu streichen, die nicht bereit sind, die endemische Korruption in ihren Verwaltungen zu bekämpfen. Mit der Einführung von in Australien formulierten Richtlinien sollen jetzt erste Schritte gegen die Korruption in den Inselstaaten ergriffen werden. Doch Papua-Neuguineas Premier Michael Somare lehnt dies ab: „Lieber werden wir auf die Gelder verzichten, als uns Vorschriften machen lassen.“ Howard setzte jedoch den australischen Diplomaten Greg Urwin als neuen Generalsekretär des Forums durch. Bisher war dieser Posten nichtweißen Politikern vorbehalten. Führer der Inselstaaten hatten argumentiert, der Weiße sei ungeeignet, sie bei Entwicklungshilfeverhandlungen etwa mit der EU zu vertreten.

Enttäuscht ist Frankreichs Präsident Jacques Chirac, der bei seinem Besuch des Südpazifiks Anfang August an das Forum appelliert hatte, Französisch-Polynesien Beobachterstatus einzuräumen. Die Forums-Leitung lehnte ab. Nur unabhängige Gebiete oder solche im Entkolonisierungsprozess würden zugelassen. Dahinter steckt die Sorge, Frankreich wolle Einfluss gewinnen. BORIS B. BEHRSING