Talent haben sie alle

Premiere im 3001: Der Dokumentarfilm „Die Champions“ begleitet den Werdegang junger Fußballer im Profigeschäft

von FRANK SCHLIEDERMANN

Könnte man Fußballprofi über eine Casting-Show werden, wäre dieser Film so etwas wie die dazugehörige Homestory. In der Jury würden Mathias Sammer, Udo Lattek und Paul Breitner über Talent, Willen und Disziplin salbadern und schließlich immer wieder betonen, dass man vor allem eines braucht: Glück. Leider ist es (noch) nicht so einfach.

Selbst wenn man zwei Mal hintereinander deutscher A-Jugend-Meister geworden ist, führt das nicht zwangsläufig zu einer Profikarriere. Über fünf Jahre lang begleitete Grimme-Preis-Träger Christoph Hübner vier Jugendspieler von Borussia Dortmund bei ihrem beschwerlichen Weg in den Profi-Fußball.

Vom ohnehin schwierigen Erwachsenwerden, noch dazu unter Profibedingungen, von Hoffnung und auch von Heimweh handelt Die Champions. Um spannend zu sein, braucht der Film seine Dramaturgie nur am Werdegang der vier Spieler auszurichten: Wer von den Jungs wird es schaffen? Wer bleibt auf der Strecke? Claudio hat bereits mit 13 Jahren sein Elternhaus in Chile verlassen, um in Europa Fußballprofi zu werden. Jetzt quält er sich durch einen Deutschkurs, bei dem er für jeden Vokabelfehler einen Anschiss bekommt, als hätte er soeben ein Eigentor geschossen.

Mohammed „darf“ neben den Trainingseinheiten seiner Mannschaft zusätzliche Schichten in einer höheren Altersklasse absolvieren. Der jugendliche Muslime lebt sich in Westeuropa quasi zwischen Trainingsgelände und BVB-Jugendhaus ein, etwa auf einem kleinen Gebetsteppich, zur Ostwand der Umkleide-Kabine gerichtet.

Schnell löst sich der Traumberuf Fußballer auf in einen stupiden Rhythmus aus Arbeit, Disziplin und dem eisernen Willen, alles einer möglichen Karriere unterzuordnen. Die wenigen Glücksmomente, erstmals als Spieler im ausverkauften Westfalenstadion aufzulaufen, wirken im Gegensatz zu den vielen Verletzungen, Rückschlägen und Enttäuschungen eher dürftig. Hübners Film zeigt uns eine via Sportschau allzu vertraute Welt aus der Perspektive des Arbeitssuchenden, des jungen Zweiflers in einer Art darwinistischem Freiluftgehege. So erscheint selbst die allseits umjubelte Verpflichtung von 25-Millionen-Mann Tomas Rosicky, die zeitweise sogar den Wert der BVB-Aktie in die Höhe schnellen ließ, für den gleichaltrigen Francis, der gerade kurz davor war, auf derselben Position wie Rosicky seinen Durchbruch bei der Borussia zu schaffen, eher als menschliche Tragödie denn als ein genialer Coup der Dortmunder Manager.

Trotz aller berechtigten Zweifel, Hübner jammert keineswegs. Wie seine Protagonisten, ist er selbst viel zu sehr Fußball-Fan, um den Traum von einer Profikarriere in Frage zu stellen. Mit seinem Film verpasst er ihm jedoch einen Kratzer, der sich sehen lassen kann.

Premiere mit Christoph Hübner und der Produzentin Gabriele Voss: heute, 20.00 Uhr, 3001; Filmstart Do, 21.8.