terror in israel
: Keine Alternative zum Frieden

An Tagen, in denen so viele Terroropfer zu Grabe getragen werden und panische Angst vor weiteren Blutbädern herrscht, regiert in der israelischen Öffentlichkeit das Bedürfnis nach Rache. Zudem droht die Armee mit Schnellschüssen flächendeckend alles politisch Erreichte zunichte zu machen. Die Stimmen, die zur Mäßigung auffordern, finden kaum Gehör. Der Kreislauf der Gewalt, von Friedensgegnern und Haudegen auf beiden Seiten immer wieder angekurbelt, lässt langsam alle Hoffnung in den Friedensfahrplan versiegen.

Kommentarvon ANNE PONGER

Dabei haben die Regierenden auf beiden Seiten durchaus gelernt, dass dieser Konflikt weder militärisch noch durch Terror zu lösen ist. Israels Regierungschef Ariel Scharon hat gezeigt, dass er Hoffnungen in den moderaten neuen Palästinenserpremier Machmud Abbas setzt, mit dem er sich am Wochenende wieder treffen wollte. Was Scharon ihm bisher verweigerte, war Vertrauensvorschuss: die großherzige Freilassung von Häftlingen, das Abräumen der Straßensperren im Palästinensergebiet, das Ende des Würgegriffs um die Städte des Westjordanlandes. Abbas braucht vorzeigbare Erfolge, um seinem Volk plausibel zu machen, dass Maßnahmen gegen jene vonnöten sind, die die Erleichterungen gefährden. Erst wenn die palästinensische Öffentlichkeit davon überzeugt wird, muss Abbas nicht mehr ernsthaft einen Bürgerkrieg befürchten.

Scharon schien letzthin verstanden zu haben, dass er den Amerikanern einen Erfolg in Nahost schuldet. Aber auch er muss gegenüber einer durch Verfolgung und Terror höchst sensibilisierten Bevölkerung und dem misstrauischen, kampfbereiten Sicherheitsapparat vorsichtig manövrieren. Da es weder für Scharon noch für Abbas derzeit personelle Alternativen gibt, werden die beiden ihren Dialog fortsetzen müssen, vermutlich unter dem für den Frieden höchst sinnvollen amerikanischen Druck.

Ein Abbruch der Verhandlungen würde einen Sieg des Terrors bedeuten. Zunächst aber scheint eine militärische Reaktion beschlossene Sache. Scharon kann sich dabei auf die Unterstützung von US-Präsident Bush verlassen – so lange jedenfalls, wie die Palästinenserbehörde nicht viel mehr Willen demonstriert, gegen die ungehorsamen Gruppen durchzugreifen, die ihr fast schamlos ins Gesicht lachen. Dennoch deutet die Wortwahl der israelischen Seite darauf hin, dass die Roadmap nach einer neuen Eiszeit noch Chancen hat.