unterm strich
:

Na klar: diese schneidend wimmernde Mundharmonika, dazu dieses sprungbereit leere Gesicht. Charles Bronson hat aus Ennio Morricones Melodie beides gemacht: das verlorene Pfeifen im Walde eines einsamen (heute würde man sagen: traumatisierten) Kindes sowie eine bedrohliche Kampfansage an den Mörder seines Vaters. Müßig zu spekulieren, ob Sergio Leones Versuch, den Western ganz Late-Sixties-like mit den Strukturen eines Trips zu erzählen, auch ohne den 1921 als Charles Buchinsky geborenen Schauspieler funktioniert hätte. Bronson jedenfalls war der eigentliche Clou von „Spiel mir das Lied vom Tod“. Ein Kraftzentrum, das den eigentlich im Vordergrund der Handlung stehenden Eisenbahnbau auf die mythisch überhöhte Spur von Rache und Vergeltung zwingt. Der einsame Rächer oder: In der Ruhe liegt die Kraft.

Der Italo-Western bedeutete die Initialzündung für die Karriere dieses Schauspielers, der bis dahin als geborener Nebendarsteller gehandelt wurde. 1971 erhielt er den Golden Globe als „populärster Schauspieler der Welt“. In den Siebzigern galt er als der bestbezahlte Schauspieler von allen. Mit „Ein Mann sieht rot“ hatte er 1974 seinen größten Kassenerfolg, freilich war dabei das verlorene Pfeifen zugunsten der Kampfansage des Rächers arg zurückgenommen. Seine Wortkargheit und sein unbewegliches Gesicht gerieten fortan zum Klischee; Bronson war der typische amerikanische tough guy, ehe Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger den Job übernahmen und mit allerlei selbstironischen Strategien bis in die heutige Zeit retteten.

Bronson wurde als 11. von 15 Kindern einer aus Litauen eingewanderten Bergarbeiterfamilie geboren. Wie seine Brüder wurde er Bergarbeiter. Im Zweiten Weltkrieg war er Bomberpilot. „Die Schauspielerei ist die einfachste Sache, die ich gemacht habe“, sagte er einmal, „ich denke, deshalb bin ich dabei geblieben.“ Mit solcher Lakonik wird man in Hollywood nicht zum Partylöwen; auch zur Zeit seiner großen Erfolge pflegte Bronson die Attitüde des Außenseiters.

Zuletzt soll Charles Bronson an Alzheimer gelitten haben. Am vergangenen Samstag ist er 81-jährig in Los Angeles an einer Lungenentzündung gestorben.