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: Rock ’n’ Roller der Meere

Fluch der Karibik

Da Johnny Depp in seiner Karriere bereits Verführer („Don Juan de Marco“), Dealer („Blow“), Zigeuner („In stürmischen Zeiten“) und Flussmann („Chocolat“) sein durfte, war es nur eine Frage der Zeit, bis man ihn auch als Pirat auf der Leinwand sehen würde. Doch wie man hört, versuchte Depp, sich seinem Schicksal zu entziehen, welches ihn nun doch in Gestalt des Hollywood-Produzenten Jerry Bruckheimer einholte. Dass er sich gesträubt hat, leuchtet allerdings augenblicklich ein, denn als Capt. Jack Sparrow fehlt es Depp leider an einem schon aus professioneller Hinsicht absolut unverzichtbaren Schiff. Dieses wurde ihm von Capt. Barbossa (Geoffrey Rush) und seinen fiesen Männern entwendet.

Da es für Depp kein Schiff gab, gestand man ihm ein paar andere Attribute wie einen Mund voller Goldzähne, einen interessanten, Goldzahn-bedingten Sprachfehler sowie ein schier unerschöpfliches Reservoir an Mascara zu. Weil der Film den schönen Titel „Fluch der Karibik“ trägt, gefällt sich Capt. Sparrow zudem mit einer sehr karibischen Dreadlock-Frisur und einer verhängnisvollen Neigung zu karibischem Rum. Wie man weiß, hat sich Depp bei seiner Darstellung seines Piraten von Keith Richards inspirieren lassen, was leider zu der irrtümlichen Einschätzung führte, dass Capt. Sparrow ein Rock ’n’ Roller der Weltmeere sei. Tatsächlich erinnert Depp in „Fluch der Karibik“ an einen stark alkoholisierten, schwulen Friseur, was den Capt. Sparrow fraglos zu seiner schönsten Rolle macht.

Da Depp aber als schwuler Friseur in der klassischen Rahmenhandlung eines Piratenfilms als Herzensbrecher ausscheidet, bilden Orlando Bloom als flotter Waffenschmied Will Turner und Keira Knightley als abenteuerlustige Gouverneurstochter Elisabeth Swann das romantische Zentrum des Werks. Dabei fällt auf, dass Bloom die braunen Haare deutlich besser stehen als die weiße Langhaarfrisur, die er in „Herr der Ringe“ tragen muss, und dass Knightley all die Dinge hat, die Nicole Kidman zur Sympathieträgerin fehlen. Glücklicherweise spielt Nicole Kidman in diesem Film denn auch gar nicht erst mit. Dafür gibt es jede Menge hemdsärmelige wie zahnlose Piraten, strenge britische Soldaten und ein Schiff namens „Black Pearl“. Natürlich gibt es auch Kämpfe aller Art, die mit Messern, Schwertern und Kanonenkugeln geführt werden, bis nach rund zweieinhalb Stunden endlich der Vorhang fällt. Zwei Stunden hätten allerdings locker gereicht. HARALD PETERS

„Fluch der Karibik“. Regie: Gore Verbinski. USA 2003, 143 Min.