EINE AUSWEISUNG ARAFATS WIDERSPRICHT DEN INTERESSEN ISRAELS
: Mehr als eine rhetorische Provokation

Wieder einmal hat Israels Premier Ariel Scharon eine Entscheidung treffen lassen, die den Interessen Israels zuwiderläuft. Zwar ist die Androhung einer Zwangsexilierung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat derzeit lediglich eine rhetorische Provokation. Aber sie reiht sich nahtlos in eine ganze Reihe israelischer Maßnahmen der jüngsten Vergangenheit ein, die jegliches Vertrauen der palästinensischen Bevölkerung in einen Friedensschluss mit den Israelis langfristig und nachhaltig erschüttern müssen.

Die extralegalen Hinrichtungen palästinensischer Aktivisten, der Bau einer Mauer tief im palästinensischen Gebiet und nun die Drohung gegen das letzte verbliebene Symbol palästinensischer Unabhängigkeitsaspirationen zeigen: Es geht Scharon und seinem Kabinett nicht um einen fairen Ausgleich mit ihren Nachbarn, sondern um deren Kontrolle und Erniedrigung. In fast schon tragischer Weise verdrängt Israels Premier dabei die negativen Auswirkungen seiner im Windschatten militärischer Überlegenheit getroffenen Entscheidungen für sein eigenes Volk. Mit wem wollen die Israelis denn dereinst Frieden schließen, wenn sie auch noch den letzten Palästinenser vor den Kopf gestoßen haben? Und wenn der Ausgleich mit den Palästinensern erst auf lange Sicht unmöglich gemacht ist – wie sollen die Israelis dann jemals in der Sicherheit leben, nach der sie sich doch zuvörderst und berechtigterweise sehnen?

Die Drohung gegen Arafat nutzt den Interessen Israels nicht einmal kurzfristig: Die palästinensische Bevölkerung wird sich, wie schon nach dem von Israel verhängten Hausarrest gegen ihren Präsidenten, erneut hinter Arafat stellen. Sollte Scharon die Ausweisungsdrohung wahr machen, so droht eine neue, umfassendere und unversöhnlichere Intifada. Der verbrecherische Terror der radikalen palästinensischen Gruppen lässt sich so nicht stoppen. Im Gegenteil: Es wäre eine Überraschung, wenn die Al-Aksa-Brigaden, dem Alten von Ramallah treu ergeben, nicht bald auf ihre Art zum Ausdruck brächten, was sie von Scharons Vorschlag halten. YASSIN MUSHARBASH