Kiffer‘s delight

Grün ist die Revolution: Stephan Sareks unterhaltsamer Kleinstadtactionroman „Das Hanfkraftwerk“ törnt an

Unterhaltung kann tatsächlich unterhaltend sein. Zum Beispiel der ereignisreiche Kleinstadtactionroman „Das Hanfkraftwerk“ von Stephan Sarek, in dem es um vieles, nicht zuletzt auch um die Zukunft der Menschheit geht. Wie die Internetzeitung „Dope am Sonntag“, die mittlerweile von der in der Schweiz residierenden Hanf-Zeitung ins Netz gestellt wird, erscheinen auch die bislang vier Romane des 46-jährigen in Berlin lebenden Autors nicht mehr im kleinen Rake-Verlag, sondern bei dtv.

Früher war Stephan Sarek Feuerwehrmann, Landschaftsgärtner, Sanitäter, Seefunker und Komparse in zahlreichen Filmen und Fernsehserien. So verfügt er anders als die meisten seiner KollegInnen über Erfahrungen in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Denkt man länger drüber nach, kommt im „Hanfkraftwerk“ eigentlich nur der Landschaftsgärtner nicht zum Zuge. Der zweihundertseitige Roman spielt in einer westdeutschen Kleinstadt. Kastanar hat einen CDU-Bürgermeister und einen grünen Vizebürgermeister. Der schüchterne Ich-Erzähler ist in Ilka, die grüne Tochter des beim hiesigen AKW angestellten Horst Jakoby verliebt. Um seiner Angebetenen nahe zu sein, lernt er wie sie Russisch, jobbt in einem Altersheim als Altenwäscher und schließt sich auch einer Theatergruppe an, die von dem Physiker Professor Wigurd Gaston geleitet wird.

Das Theaterstück, das geprobt wird, soll die Wirklichkeit verändern. Eigentlich ist es gar kein Theaterstück; sondern die Mitspieler proben für eine grüne Revolution, eine Köpenickiade, wie man so sagt, bei der der Ich-Erzähler den Aufsichtsratsvorsitzenden des AKW spielen soll und seine Angebete die Belegschaftsvertreterin. Es geht darum, die Macht im AKW zu übernehmen, es abzustellen und an eine Hanfanlage anzuschließen, denn dem zwielichtigen Professor ist es gelungen, ein Stromerzeugungsverfahren via Hanf zu entwickeln.

Das klingt kompliziert, ist aber ganz einfach. Die Stadt ist eingeschneit zu Weihnachten, der Strom ist infolge einer Störfallsimulation ausgefallen; der grüne Ernährungsberater und Vizebürgermeister Schöbel hat die Macht; aus undurchsichtigen Gründen ist Schröder zurückgetreten und Joschka Fischer nun Bundeskanzler; der Putsch kann jedenfalls beginnen.

Das Buch ist lustig, und man liest es so weg wie man Kinderschokolade isst. Das „Hanfkraftwerk“ wurde 1999 zunächst bei Rake veröffentlicht und trägt noch ein wenig der Hanfeuphorie in sich, die Anfang der Neunzigerjahre auch infolge der Veröffentlichung des Hanfbuches von Mathias Bröckers/Jack Herer entstand. Mittlerweile ist die Hanfbewegung auf dem Rückzug oder hat sich in die Schweiz verlagert. So wirkt das Hanfbuch, das sich am besten auf einem Handtuch am Strand lesen lässt, auch ein wenig melancholisch.

DETLEF KUHLBRODT

Stephan Sarek: „Das Hanfkraftwerk“, dtv, 200 Seiten, 9 €