schnittplatz
: Zur Premiere: Sendepause!

Wenigstens die Praktikanten werden sich gefreut haben. Irgendwer muss die ganzen leckeren Schnittchen und Sushi-Röllchen ja essen, die der Bezahlsender Premiere am Dienstagnachmittag aufgefahren hatte.

Das einstmalige Sorgenkind hatte zur Vorstellung der neuen Programmzeitschrift tv komplett nach Unterföhring geladen. Das Ding sollte schließlich den heiß umkämpften Markt der TV-Programmhefte revolutionieren. Mit einem geheimnisumwitterten, bahnbrechenden, sensationellen neuen Konzept. Das versprach eine richtige Sause zu werden. Doch dann klingelten bei den erwartungsfrohen Pressevertretern die Telefone.

Leider, leider, bedauerte mit getragener Stimme eine Mitarbeiterin der Premiere-Pressestelle, werde es nichts mit Schnittchen und Schampus, denn da gäbe es jetzt, ähem, ein klitzekleines Problem …

In der Tat hatte der Heinrich Bauer Verlag, Herausgeber diverser Programmtitel, beim Frankfurter Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen tv komplett durchgesetzt – mit einer unzweifelhaft bahnbrechenden, sensationellenBegründung: Der Titel der Zeitschrift sei irreführend, weil das deutsche Fernsehprogramm darin nicht komplett abgebildet werde. Offenbar fehlen einige kleine Regionalsender.

Wahnsinn. Diese Entscheidung dürfte nun wirklich den heiß umkämpften Markt Programmies revolutionieren: Bereits ab der kommenden Woche wird TV Spielfilm Serien, Shows, Nachrichten, Sport und Dokumentationen von seinen Seiten verbannen, das Bauer-Blatt TV Movie spezialisiert sich ab sofort auf den begehrten Nischenmarkt englischsprachiger Originale mit Untertiteln. „TV total“ von Stefan Raab ist – siehe tv komplett – ab sofort verboten. Hörzu darf natürlich weitermachen, aber nur mit einem erweiterten Radioprogramm, alles andere wäre für die Konsumenten doch arg irreführend.

Fragt sich bloß, was mit den drei Millionen Exemplaren von tv komplett passiert, die am Freitag an die Kioske kommen sollten. Ach, stimmt, mit irgendwas muss man die liegen gebliebenen Schnittchen und Sushi-Röllchen vom Dienstag ja einwickeln. JÖRG SCHALLENBERG