ATTENTAT IN GAZA: ANGRIFF AUF DIE USA SETZT ARAFAT IN ZUGZWANG
: Den Israelis in die Hände gespielt

Das Attentat auf den US-amerikanischen Konvoi im Gaza-Streifen spielt den Israelis in die Hände. Wieder vereint mit der Familie der Terroropfer, kann sich Premierminister Ariel Scharon zurücklehnen und gelassen zum Telefonhörer greifen, um US-Präsident George W. Bush zu kondolieren. Hier sind wir, die Guten – dort sind sie, die Bösen.

Was allerdings den Anschlag überhaupt erst möglich machte, ist das in den palästinensischen Gebieten vorherrschende Bewusstsein derselben Front – nur mit entgegengesetzten Vorzeichen: Palästinenser und Araber versus Israel und die USA. Gerade die vergangenen Monate ließen die Hoffnung der Menschen im Westjordanland und im Gaza-Streifen auf die USA als fairen Vermittler schwinden: Die Angriffe auf die irakischen Glaubensbrüder, die mangelnde Unterstützung Washingtons für Palästinas Expremierminister Mahmud Abbas und die „Roadmap“ zum Frieden lassen den Palästinensern kaum noch einen Grund für Vertrauen, erst recht nicht die US-Vetos vor dem UN-Sicherheitsrat: Washington mauert, wenn es um eine Verurteilung der israelischen Regierung geht, die einmal über die „Neutralisierung“ Jassir Arafats entscheidet und ein anderes Mal ungestraft Palästinenser auf syrischem Land angreifen darf. Das jüngste Veto der USA gegen den Entwurf einer UNO-Resolution, die den Bau der Trennanlagen verurteilen sollte, war der Halm, der dem Kamel den Rücken brach, wie ein nahöstliches Sprichwort veranschaulichen mag.

Doch Terror ist Terror und kann, auch wenn die Motive verständlich sind, durch nichts gerechtfertigt werden. Die Drahtzieher müssen ein konkretes Ziel vor Augen gehabt haben. Den Amerikanern eine Lektion zu erteilen, um sie fortan für die palästinensische Sache mit größerer Begeisterung Stellung beziehen zu lassen? Wohl kaum. Wenn aber der Anschlag tatsächlich ein Signal an die muslimischen Kämpfer jenseits der Grenzen sein sollte – hatte man doch nun zum ersten Mal nicht den zionistischen Feind im Auge, sondern die imperialistische Großmacht, die ihn stützt –, dann wäre es allerdings höchste Zeit für die palästinensische Führung, die Fronten von Gut und Böse neu zu definieren. SUSANNE KNAUL