Zwei Jahre nach dem Krieg zurück auf null

Zarmina Tookhi wollte in Afghanistan ein Frauenbildungszentrum aufbauen. Vergeblich. Sie musste wieder fliehen

Zwölf Jahre lang hat Zarmina Tookhi im pakistanischen Exil für Rechte und Bildung afghanischer Frauen gekämpft. Im Jahr 2001 gehörte sie zur Delegation afghanischer Nichtregierungsorganisationen, die in Bad Honnef über den Aufbau einer demokratischen Zivilgesellschaft beriet, während zeitgleich Diplomaten und Politiker auf dem Bonner Petersberg politische Schritte für eine Übergangsregierung in Kabul festklopften. Von der Aufbruchstimmung damals ist nichts mehr übrig. Diesen Sommer flüchtete die Frauenrechtlerin nach Deutschland. Hier stellte sie einen Asylantrag.

Sechs Monate lang hatte Tookhi zuvor versucht, in Afghanistan ein Frauenbildungszentrum aufzubauen, wie sie es zuvor im pakistanischen Exil getan hatte. Doch sie traf auf Ablehnung, Boykott und Hass. „Auch die wenigen Männer, die für solche Ideen offen wären, haben Angst“, sagt Tookhi. Für Frauen in Afghanistan sei es heute noch wie zu Zeiten der Taliban. „In den entscheidenden Positionen haben nur die Gesichter gewechselt“, sagt Tookhi. „Die Supermacht USA lässt die Frauen im Stich.“

Was das bedeutet, hat die 33-jährige Lehrerin selbst erlebt. In Kabul musste sie erkennen, dass ihr Plan von einem unabhängigen Frauenbildungszentrum keine Fürsprecher finden würde. Ein Vorstoß in ihrer Heimatstadt Herat endete in der Flucht.

„Ich konnte die Drohungen nicht mehr ignorieren“, sagt Tookhi, die heute in der Nähe von Bremen wohnt. Von allen Seiten habe sie gehört, dass sie zu weit gehe und größte Unannehmlichkeiten riskiere, wenn sie nicht aufhöre. Zuletzt habe ihr der Leiter der Bildungsbehörde von Herat vorgeworfen, zum Christentum konvertiert zu sein. Das deutete die Muslimin als höchst bedrohlich. Fälschlich zur Ungläubigen gestempelt, habe sie als unverheiratete Frau in Afghanistan nicht den geringsten Schutz zu erwarten, sagt Tookhi.

Mit dieser Einschätzung fühlt Tookhi sich nicht allein. Auch andere weibliche Mitglieder der damaligen Delegation von Bad Honnef hätten inzwischen Asyl in Europa gesucht.

Drohungen und Anfeindungen sind der Frauenrechtlerin nicht neu. Schon als sie 1998 in Pakistan das Afghanische Frauenbildungszentrum (AWN) in Islamabad aufbaute, handelte Tookhi gegen den Widerstand islamistischer Extremisten und der Taliban im Land. Unter Steinwürfen warb sie dafür, dass Eltern ihre Kinder in die Schule schickten. Vier Jahre lang koordinierte Tookhi rund 30 koedukative Schulen für afghanische Flüchtlinge in Islamabad.

„Wenn ich gewollt hätte, hätte ich schon vor Jahren nach Europa kommen können“, sagt die Frauenrechtlerin. „Aber in Pakistan wurde ich gebraucht.“ Als nach Kriegsende in Afghanistan der Druck auf Flüchtlinge wuchs, Pakistan zu verlassen, war für Tookhi die Rückkehr in die alte Heimat keine Frage. Zu diesem Schritt haben sie auch Kolleginnen ermutigt. „Heute ist es eine meiner größten Niederlagen, dass ich Afghanistan wieder verlassen musste.“ EVA RHODE