Der Unternehmer startet Richtung Straßburg

Bislang engagierte sich Vural Öger in der Politik nur diskret. Jetzt will er für die SPD ins Europäische Parlament

Vural Öger geht in die aktive Politik. Der türkischstämmige Unternehmer, Chef von Öger-Tours, wird wohl bei den Europawahlen 2004 für die SPD kandidieren. Auf einem vorläufigen Entwurf für die bundesweite Liste sei Öger auf einen sicheren zehnten Platz gesetzt, hieß es bei den Sozialdemokraten in Hamburg, wo Öger lebt und arbeitet.

Dieser Schritt in das direkte Licht der politischen Bühne ist nur konsequent für einen Mann, dessen Wirken schon seit langer in den politischen Betrieb diffundierte – immer weiter, aber bislang stets diskret.

Öger, 1942 in Ankara geboren und in Istanbul aufgewachsen, kam nach seinem Abitur zu einem Sprachkurs nach München. Geplant waren nur zwei Monate in Deutschland, geworden ist daraus ein ganzes Leben. Er studierte Bergbau- und Hüttenwesen in Berlin, finanziert durch Nebenjobs als Dressman, als Übersetzer und als Mitarbeiter des studentischen Reisedienstes an der TU Berlin.

Bei diesem Reisedienst begann er schließlich, Werbung für Türkeiflüge zu machen. Damit stieß er in eine Marktlücke: Trotz der vielen türkischen Gastarbeiter gab es keine Direktflüge in die Heimat. Von 1969 an charterte Öger deshalb eigene Flugzeuge. Zwei Jahre lang flog er an jedem Wochenende selbst mit, um die ängstlichen Menschen aus den ländlichen Gebieten der Türkei zu beruhigen.

Ein ähnlich zupackendes Wesen wie als Chef des heute fünftgrößten deutschen Reiseveranstalters zeigte der jetzt 61-Jährige auch im Politischen. Um Deutsche und Türken einander näher zu bringen, gründete er 1998 zusammen mit dem damaligen Zeit-Herausgeber Theo Sommer die Deutsch-Türkische Stiftung, in der sich Prominente beider Länder engagieren.

Im Mai 2000 berief ihn Innenminister Otto Schily in die Zuwanderungskommission der Bundesregierung unter dem Vorsitz von Rita Süssmuth. Und vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr regten ihn die Äußerungen des CSU-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber zum Zuwanderungsgesetz so sehr auf, dass er daraufhin in die SPD eintrat.

Öger steht allerdings auch fundamentalistisch-linken Positionen zur Einwanderungspolitik sehr kritisch gegenüber. Jedes Land müsse mit Blick auf eigene Interessen selbst entscheiden können, wen es hineinlasse und wen nicht. „Was sollen denn hunderttausend neue anatolische Bauern ohne Ausbildung in Deutschland?“

Nun wagt der Türke mit deutschem Pass den Schritt in das Rampenlicht des Europawahlkampfes. Widerstand gegen seine Kandidatur könnte es vielleicht noch aus Nordrhein-Westfalen geben. Denn der Prominente aus Hamburg, der auf Wunsch aus der Parteispitze ganz nach oben auf die Liste kommen soll, würde einem Kandidaten aus dem größten Bundesland den Platz streitig machen. Endgültig entschieden wird auf dem SPD-Bundesparteitag am 16. November in Bochum. OLIVER HAVLAT