Hinter der Seifenmaske

Treffpunkt Bamako: Auf der Fotobiennale in der malischen Hauptstadt präsentieren sich Afrikas Fotografen

von SANDRA VAN EDIG

Bamako ist die Hauptstadt der Republik Mali. Und die Hauptstadt der afrikanischen Fotografie. Seit 1994 beherbergt sie die afrikanische Fotobiennale, die „Rencontres de la photographie africaine“. Ein nicht nur in seiner Größe einzigartiges Ereignis auf dem afrikanischen Kontinent. Einen Monat lang zeigen sieben Museen und drei private Galerien Werke der fotografischen Avantgarde Afrikas.

Unter dem Titel „Heilige und profane Riten“ haben die Organisatoren in diesem Jahr über dreitausend Fotografien ausgewählt. Noch bis zum 20. November stellen über hundert Fotografen hauptsächlich aus Afrika und der afrikanischen Diaspora in Bamako ihre Arbeiten aus. Es gibt Ausstellungsschwerpunkte zur Demokratie, zu Musik und zur afrikanischen Fußballmeisterschaft.

Doch die Organisatoren präsentieren nicht nur Bilder, vor allem haben sie ein Forum für afrikanische Fotografen geschaffen. „Hier treffe ich Leute mit vollkommen unterschiedlichem Hintergrund“, stellt die gabunische Fotografin Myriam Mihindou fest, die ihr Kunststudium in Bordeaux absolviert hat. Sie selbst ist auf der Biennale mit Nahaufnahmen von Füßen und Händen vertreten, die mit Gummibändern eingeschnürt sind und Assoziationen an die Wundmale Christi wecken.

Von Schmerz und Identität handeln auch die Fotos der jungen kongolesischen Fotografin Michelle Magema: Auf großformatigen Farbbildern beschreibt sie das alltägliche Ritual der Morgentoilette. „Hinter der Seifenmaske verbirgt sich meine afrikanische Identität, die ich jeden Morgen abwasche, um sie mit einem französischen Kosmetikprodukt zu überdecken“, erklärt die junge Fotografin, die seit ihrer Kindheit in Frankreich lebt. Sie stellt zum ersten Mal in Bamako aus. „Von hier aus“, erklärt sie, „kannst du auch international bekannt werden. Nach Bamako kommen wichtige Kuratoren und Kollegen.“

Tatsächlich ist die Fotoschau mittlerweile zu einer Brücke zum Weltmarkt geworden. Simon Njami, künstlerischer Direktor der Biennale, sagt dazu: „Es nützt nichts, wenn wir das Phänomen der afrikanischen Fotografie hinter geschlossenen Türen diskutieren. Die Fotografen müssen in Kontakt mit der internationalen Szene sein, um ihre Sichtweise weiterzuentwickeln.“

Seit 2001 lädt er deshalb auch Künstler aus der Diaspora ein, aus der Karibik, aus Amerika und Europa. In diesem Jahr gibt es auch einen deutschen Ausstellungsschwerpunkt. Der nigerianische Fotograf Akinbode Akinbiyi, der seit Jahren in Deutschland lebt, hat einen Querschnitt aktueller deutscher Fotografie zusammengestellt: Tier- und Landschaftsbilder genauso wie Fotos über die fernere und nähere Vergangenheit, aber auch Fotoklassiker wie Bernd und Hilla Becher.

Adama Mariko, der als Student in Bamako lebt, haben Julia Sörgels Tierbilder besonders gefallen. In der Ausstellung war er allerdings nicht – obwohl der Eintritt zu den Ausstellungen kostenlos ist. Die Hemmschwelle, eine Galerie zu betreten, überwindet bislang ein eher intellektuelles Publikum. Doch über das Beiprogramm zum Fotofest hat auch Adama Mariko die Arbeiten der Deutschen kennen gelernt: Vor dem Kulturpalast gibt es jeden Abend Konzerte bekannter Gruppen; dabei werden ausgewählte Fotos der Biennale auf die Großleinwand projiziert.

„Eine Biennale ohne Einbeziehung der Bürger Bamakos ist undenkbar“, erklärt Simon Njami. Deshalb gibt es auch in diesem Jahr wieder Ausstellungen auf der Straße. In Magnambougou, einem populären Viertel, hängen Fotos von der malischen Revolution 1991. Schulkinder bleiben vor den Rahmen stehen und diskutieren über das Bild eines Studenten; ein älterer Mann kommt hinzu und erzählt von damals. Nach einer Weile trennen sich ihre Wege. Die Kinder kaufen Fettgebackenes bei einer Straßenhändlerin – und sprechen noch immer über das Bild.

SANDRA VAN EDIG, 33, lebt seit 1999 als freie Journalistin in Niamey/Niger