Geld für verbotene Forschung

Eine Mehrheit im Europaparlament spricht sich für eine EU-Förderung der umstrittenen und in einigen Ländern strafbaren Embryonenforschung aus

BERLIN taz ■ Die umstrittene Forschung mit embryonalen Stammzellen soll nach dem Willen des Europaparlaments nahezu ohne Einschränkung auch mit EU-Mitteln finanziert werden. Mit deutlicher Mehrheit sprach sich gestern das Straßburger Parlament für die Embryonenforschung aus. Finanzielle Unterstützung soll es damit auch für Forschungsprojekte geben, die in mehreren Mitgliedstaaten, unter anderem in Deutschland, Österreich und Frankreich, verboten sind und strafrechtlich verfolgt werden. Das letzte Wort haben jetzt die EU-Mitgliedstaaten. Am 3. Dezember werden sie im Ministerrat entscheiden müssen, wie es mit der Finanzierung der Embryonenforschung weitergehen wird.

„Dies ist ein schwarzer Tag für die Ethik“, kritisierte Hiltrud Breyer, EU-Abgeordnete der Grünen, den Beschluss. Enttäuscht äußerte sich auch ihr Parlamentskollege von der CDU, Peter Liese: „Das Parlament hat die Chance verpasst, der Forschung einen klaren ethischen Rahmen zu geben.“ Vor allem die Abgeordneten der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und der Grünen hatten gegen die Vorlage gestimmt.

Auch wenn das Parlament bei der Frage, ob Embryonenforschung förderungswürdig werden soll, nur eine beratende Funktion habe, so sei das Votum doch ein „verheerendes Signal“ für die im Dezember anstehen- de Entscheidung, sagt Breyer. Der gestern gefasste Beschluss geht sogar noch weit über den bisher von mehreren Staaten abgelehnten Vorschlag der EU-Kommission hinaus. Dieser sieht vor, dass für die Gewinnung von Stammzellen nur Embryonen genutzt werden dürfen, die vor dem Stichtag 27. Juni 2002 eingefroren wurden. In Deutschland ist das Gesetz sogar noch restriktiver: Hier darf nur mit importierten Stammzelllinien geforscht werden, die vor dem Stichtag 1. Januar 2002 hergestellt wurden.

Breyer befürchtet, dass jetzt nach der Parlamentsentscheidung die knappe Sperrminorität im Ministerrat, die bisher die EU-Förderung der Embryonenforschung verhindert hat, keinen Bestand mehr haben wird.

WOLFGANG LÖHR