FBI bespitzelt US-Friedensaktivisten

„New York Times“: US-Bundespolizei untersucht Kriegsgegner im Rahmen des Anti-Terror-Kampfes

WASHINGTON taz ■ Die Nachricht vom Wochenende ließ Bürgerrechtler in den USA frösteln. Die Bundespolizei FBI überwacht systematisch Kriegsgegner, ihre Protestvorbereitungen und ordnet sie intern der Terrorbekämpfung zu. Örtliche Polizeibehörden wurden in einer Anweisung vor Friedensdemonstrationen aufgefordert, der Anti-Terror-Einheit des FBI verdächtige Aktivitäten zu melden, berichtete die New York Times am Sonntag.

FBI-Beamte erklärten der Zeitung, es sei nicht darum gegangen, das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken, sondern Anarchisten und „extremistische Elemente“ ausfindig zu machen. „Wir interessieren uns für Einzelpersonen und Gruppen oder auch terroristische Gruppen, die gewalttätige oder kriminelle Taten verüben könnten, um ihre Anliegen zu untermauern“, präzisierte FBI-Sprecher Bill Carter als Reaktion auf den Artikel. Das FBI überprüfe jede große Menschenansammlung, ob Großdemonstrationen oder Sportveranstaltung, hinsichtlich möglicher Anschläge. Dafür werden Kommandozentralen für die Zusammenarbeit mit örtlichen Einsatzkräften eingerichtet. Wöchentlich lasse sich die Bundespolizei durch lokale Ermittler und den Geheimdienst über aktuelle Bedrohungen informieren. Diese Form der Überwachung sei lange vor dem 11. September 2001 begonnen worden. Beobachtet werden demzufolge auch Trainingscamps, in denen Demonstranten im zivilen Ungehorsam unterrichtet werden.

Örtliche Einsatzkräfte der Polizei begrüßen dem Bericht nach die Präventionsstrategie des FBI. Sie habe dazu geführt, dass Demonstrationen in der jüngsten Vergangenheit überwiegend friedlich verliefen. Solche Vorsorgemaßnahmen führen jedoch offenbar auch zu Überreaktionen. Im Vorfeld angekündigter Proteste gegen eine Handelskonferenz in Miami vergangene Woche, auf der die Schaffung einer amerikanischen Freihandelszone beschlossen wurde, durchsuchte die Polizei Wohnungen, verhaftete mutmaßliche gewaltbereite Aktivisten und verweigerte dutzenden Bussen mit Gewerkschaftlern die Fahrt zur Kundgebung. Bürgerrechtsorganisationen kritisierten, das Überwachungsprogramm wecke Erinnerungen an die 60er- und 70er-Jahre, als das FBI unter dem berüchtigten J. Edgar Hoover Regierungskritiker bespitzelte. Rechtsexperten sind zwar der Auffassung, dass die Sammlung von Daten auf Demonstrationen vom Gesetz gedeckt ist, jedoch den Effekt haben könnte, Leute von der Teilnahme an friedlichen Protesten abzuschrecken.

MICHAEL STRECK