Das Kentern der Kitanic

170.000 Unterschriften bei Kita-Volksbegehren „Mehr Zeit für Kinder“. Gesetzlich erforderliches Minimum von 60.375 gültigen Stimmen bereits offiziell nachgezählt. Jetzt droht dem Senat eine Niederlage beim Kita-Volksentscheid im Juni nächsten Jahres

von KAIJA KUTTER

Die stolze Zahl von 165.000 prangte gestern früh am SPD-Haus an der Kurt-Schumacher-Allee. Doch kurz darauf war sie schon überholt: Mehr als 170.000 Unterschriften konnten die Initiatoren des Kita-Volksbegehrens Olaf Scholz, Ties Rabe und Jutta Blankau an Landeswahlleiter Wolfgang Bick übergeben. Damit ist es eines der erfolgreichsten Volksbegehren der Stadtgeschichte (siehe Kasten). Die gesetzlich erforderliche Mindestzahl von 60.375 gültigen Stimmen ist bereits offiziell festgestellt worden: Die Kitanic ist gekentert.

„Nun ist es an den Verantwortlichen, die Lehren aus so einem eindeutigen Votum zu ziehen“, sagte SPD-Spitzenkandidat Thomas Mirow. Der Senat dürfe den Wunsch von Eltern, Beruf und Kinder miteinander zu vereinbaren, nicht länger ignorieren. Die SPD wolle Prioritäten setzen: „Wenn sie die Unterzeichner fragen, was wichtiger ist, eine teure U-Bahn zur Hafen-City oder Kitas, ist die Antwort eindeutig.“

Mit dem Volksbegehren wird ein Kita-Gesetz zur Abstimmung gestellt, dass im Kern einen Rechtsanspruch bei Berufstätigkeit vorsieht. Von Hamburg könne damit eine „Trendwende für ein kinderfreundlicheres Land“ ausgehen, erklärte Parteichef Olaf Scholz. Der Generalsekretär der Bundes-SPD verwies darauf, dass Hamburg zur Finanzierung ab 2005 jährlich 45 Millionen Euro aus dem Krippenausbauprogramm des Bundes erhalten könne. „Wir haben Probleme“, so Scholz, „die Länder zu überzeugen, das Geld zu nehmen.“

Damit das Kita-Gesetz in Kraft tritt, muss es die dritte Klippe nehmen und bei einer Abstimmung im Juni eine Mehrheit erhalten. Damit das zeitlich klappt, muss der Senat es nächste Woche offiziell anerkennen. Bildungssenator Reinhard Soltau (FDP) teilte mit, das Thema stehe nächsten Dienstag auf der Senatstagesordnung stehe. Es ergebe durchaus „Sinn“, den Volksentscheid bei der Europawahl mit abzustimmen. Da aber der Senat ja ohnehin bald allen Berufstätigen einen Platz verschaffen will, so Soltau, sei er „überflüssig“.