bannmeile
: Im Zweifel für die Absperrung

Es ist das Haus des Volkes. Kontakt muss sein, damit nicht Politik im Elfenbeinturm entsteht. Abgeordnete müssen die Reaktion auf ihre Entscheidungen mitbekommen. All das ist richtig. Und all das war ein Argument, warum nicht länger das Raumschiff Bonn, sondern Berlin Sitz des Bundestags sein sollte. Das gilt auch weiter und genauso für die Berliner Landespolitik mit dem Abgeordnetenhaus.

Kommentarvon STEFAN ALBERTI

Und doch ist es richtig, dass sich das Abgeordnetenhaus wie der Bundestag und andere Länderparlamente mit einer Bannmeile umgibt, die Demonstrationen während der Sitzungen verbietet. Unerträglich ist die Vorstellung, Abgeordnete müssten ihre Entscheidungen treffen, während draußen ein Mob johlt, vielleicht Politikerpuppen verbrennt und hasserfüllt schreit.

All das trifft nicht auf die Studierenden zu, die derzeit kreativ und weitgehend friedlich demonstrieren. Doch was wäre, wenn nicht sie, sondern ein Trupp stiernackiger Rechtsradikaler vor dem Parlament stünden? Die Erfahrungen der Weimarer Republik, aber auch der Nachkriegsgeschichte, als 1948 Störer die Stadtverordnetenversammlung sprengten, gelten nach wie vor.

Davor muss es einen Schutz geben. Der aber ist generell und lässt sich nicht auf die Kategorie „rechte Schläger“ konzentrieren. Deshalb konnten zu Recht auch die streikenden Studierenden nicht lange vor dem Abgeordnetenhaus demonstrieren und werden es auch heute nicht können, es sei denn, sie erhalten eine Ausnahmegenehmigung.

Allein eine gestrige Erfahrung lässt schon wieder ein wenig an der Bannmeile zweifeln: dass bis auf zwei Grüne und eine FDP-Frau kein Parlamentarier zu sehen war, der aus seiner Ausschusssitzung herauskam und mit den Studierenden sprach.