Keine Graue Eminenz

Gernot Krankenhagen, Gründer und seit der Eröffnung 1997 Leiter des Museums der Arbeit, geht im Januar in den Ruhestand. Aber nicht aus politischen Gründen. Nachfolgerin wird seine bisherige Stellvertreterin Lisa Kosok. Ein Gespräch mit dem scheidenden Direktor

„Die finanzielle Ausstattung des Hauses ist nicht tragbar“

von HAJO SCHIFF

Am 6. Januar 2004 tritt Gernot Krankenhagen in den Ruhestand. Der gelernte Diplomingenieur arbeitete im Münchner Deutschen Museum und in der Dortmunder Ständigen Ausstellung für Arbeitsschutz. Vor allem aber hat er sich als Gründungsdirektor 20 Jahre lang für das Museum der Arbeit eingesetzt und seit der Eröffnung 1997 das Barmbeker Haus geleitet.

taz hamburg: Angesichts der Hamburger Kulturpolitik wittert man mittlerweile hinter jedem Wechsel in Führungspositionen ein politisches Statement ...

Gernot Krankenhagen: Nein, ich lass mich von niemandem vertreiben. Die jetzigen Änderungen sind seit langem geplant und zudem sparsam: Ich bin kein Beamter und habe als Angestellter für die Altersteilzeit votiert. Wenn meine bisherige Stellvertreterin Lisa Kosok jetzt das Amt übernimmt, muss rechnerisch keine neue Stelle besetzt werden.

Wie ist das Resümee Ihrer 20-jährigen Arbeit in Hamburg?

Das Beste war sicher die Möglichkeit, hier bei einem Neuaufbau gestaltend eingreifen zu können. Dafür bin ich dankbar. Auch wenn es gewiss nicht leicht war, ein neues großes Museum in Hamburg zu verankern. Eigentlich sollte ich ja die Heizungsfirma meines Vaters übernehmen, aber damals wollte ich partout nicht Chef werden...

...was Sie im Museumszusammenhang dann aber erfolgreich geworden sind. Gab es dabei besonders schlimme Erfahrungen?

Nun, es hat nie gebrannt – weder tatsächlich noch in übertragenem Sinne. Sicher gab es einige Punkte, wo man sich rückblickend fragt, war das notwendig. Aufreibend ist die Zähigkeit der Überzeugungsarbeit gegenüber der Politik. Aber letztlich ist ja vieles gelungen. Denken Sie an den neuen Anleger am Kanal, und auch die Bebauung für die Saga-GWG wird den großen Hof zu einem Kleinod machen. Dann ist da die Trude, ein besonderes Projekt von mir, das allerdings nicht von allen geliebt wird...

... die Aufstellung der riesigen Bohrmaschine für die Elbtunnelröhren ...

... deren Finanzierung ohne städtische Haushaltsmittel gelang. Wir wollen hier ja einen direkten Hamburg-Bezug. Und wenn in der Langen Nacht der Museen an der Trude ein Freeclimbing angeboten wird, macht das gute Stimmung. Ein Kulturinstitut muss über Unterrichtung hinaus für die Besucher ein sympathischer Ort sein.

Wie wird es mit dem Museum weitergehen, während Sie in aller Ruhe ihrem Hobby, Fossilien zu sammeln, nachgehen?

„Aufreibend ist die Überzeugungsarbeit gegenüber der Politik“

Da müssen Sie Frau Kosok fragen, zu der ich volles Vertrauen habe. Es ist ja nicht allgemein üblich, mit seiner Nachfolgerin schon drei Jahre vorher zusammenarbeiten zu können, wie das mit ihr als ehemaliger Stellvertreterin möglich war. Ich gehe ja auch deshalb für einige Zeit nach Frankreich, damit niemand in Versuchung kommt, von mir zu erwarten, dass ich mich als Graue Eminenz weiterhin einmische. Ich sehe das Museum für die Zukunft gut aufgestellt. Wir haben einen Freundeskreis mit über 1.000 Mitgliedern, und die Besucherzahlen haben sich seit Beginn verdoppelt. Und vage Überlegungen, das Haus zu schließen, waren schnell vom Tisch.

Aber gefährdet nicht die Verselbständigung als öffentliche Stiftung mit ihrem Zwang zu marktorientiertem Handeln das Museum?

Nein, ein solches Museum ist bei egal welchem Organisationsmodell gleich gefährdet. Die Stiftungslösung ist gut. Allerdings ist die finanzielle Ausstattung nicht tragbar. Inzwischen sind schon die laufenden festen Kosten höher als die Zuschüsse der Stadt. Wir sind, besonders was die Personalkosten mit der Verpflichtung zu Leistungen des öffentlichen Dienstes angeht, sehr desinformiert in die Selbständigkeit entlassen worden.

Stichwort Personal: Werden nicht die Menschen, die an den im Museum der Arbeit aufgestellten Maschinen noch Arbeitspraxis hatten, immer weniger?

Das ist leider der Fall. Aber wir haben zusammen mit Häusern in Luxemburg, Dänemark und der Schweiz das EU-Projekt „Ausbildung von Vorführern in Drucktechnikmuseen“ angeschoben, damit der besondere Charakter eines lebendigen Museums nicht verloren geht. Denn auf diese Form des „Events“ sind wir schon angewiesen. Auch wir müssen sehen, dass bei dem gestiegenen Preisbewusstsein noch genügend Besucher kommen. Aber eigentlich habe ich da keine Zweifel. Denken sie daran, wie wir mit der Fachmesse „Multimedix“ bei Berufsfindungsprozessen helfen, wie unser Haus immer wieder die Geschlechterrollen thematisiert oder wie speziell unsere Märkte sind. Wo finden Sie sonst noch Handwerker, die Ihnen fast alles reparieren? Als mir in Griechenland mein Handy in einen Brunnen gefallen war, hieß es: wegwerfen und neu kaufen. Aber auf unserem Markt fand sich jemand, der es reparieren konnte.