Eine hoffnungslose Schlacht

In Edward Zwicks Filmepos „Der letzte Samurai“ bewegt sich Tom Cruise durch das Japan des 19. Jahrhunderts und darf dabei seinen inneren Schwertkämpfer entdecken

Ganz ehrlich: Wer hat nach dem Kinotrailer von „Der letzte Samurai“ das Ansehen Tom Cruises insgeheim nicht schon mit Hohn und Spott überzogen? Tom Cruise auf den Spuren von Kurosawa, im Gewande des späten Richard Chamberlain? Manch einem soll James Clavells Edelschmonzette „Shogun“ damals ja tatsächlich so etwas wie eine interkulturelle Offenbarung gewesen sein. Und nach „Tiger & Dragon“ galten Filme mit ostasiatischem Handlungsschwerpunkt in Hollywood mal als kleine Prestigeobjekte. Im Falle von „Der letzte Samurai“ kann man sich nun des Eindrucks schierer Vermessenheit nicht erwehren.

Tom Cruise – denn jede Tom-Cruise-Figur bleibt letztlich doch immer nur Tom Cruise – wird im Jahr 1876 vom japanischen Kaiser rekrutiert, um dessen Volk die westliche Lebensweise (und, nicht zu vergessen, die Kriegsführung) zu vermitteln, und findet auf diesem Umweg schließlich auch zu sich selbst. Sein Nathan Algren ist ein heruntergekommener Held des amerikanischen Bürgerkrieges; nachts plagen ihn Erinnerungen an die Massaker an den amerikanischen Ureinwohnern. In Japan angekommen, wird er von seinen Vorgesetzten erneut in eine hoffnungslose Schlacht gegen eine Gruppe aufrührerischer Samurai geschickt und schwer verletzt in das Bergdorf des legendären Samuraiführers Katsumoto (Ken Watanabe) verschleppt. Das anfängliche Misstrauen der beiden Männer weicht langsam einem ernsthaften Respekt für die Kultur des anderen. Katsumoto weiht Algren in die Kunst des Schwertkampfes ein, der bringt den Kindern des Dorfes dafür Baseball bei. Der amerikanische Soldat darf schließlich sogar seinen inneren Samurai entdecken. So ist „Der letzte Samurai“ am Ende Beispiel eines äußerst subtil praktizierten Kulturimperialismus.

Norman Mailer hat dieses Phänomen der Adaption von Identität anhand bloßer kultureller Zeichen etwas despektierlich einmal als „White Negro“ bezeichnet (wäre Cruise demnach also ein „White Yellow“?). Nicht minder respektlos verhandelt Regisseur Edward Zwick in seinem Film sowohl japanische Traditionen als auch historische Fakten. Doch wie anstößig „Der letzte Samurai“ auch sein mag, bleibt er doch von jedem Ideologieverdacht befreit. Nur so nämlich kann Zwick die Zusammenhänge von Antimodernismus und Nationalismus, die im Unabhängigkeitskampf der Samurais aufgeworfen und durch die Figur Nathan Algren fortgeschrieben werden, allzu leichtfertig überspielen. Sein Film bleibt letztlich auf allen Erzählebenen nur eine große kulturelle Projektionsleistung: Politisch korrekt, wie er sich gibt, kann er das Schicksal der amerikanischen Ureinwohner genauso unbedenklich in das der heldenhaften Samuraikrieger überblenden, wie die epischen Landschaftsaufnahmen in ihrer Farbenpracht ein ums andere Mal an King Vidors Technicolor-Western „Duell in der Sonne“ erinnern wollen.

ANDREAS BUSCHE