Streikbrecherin unter falscher Flagge

CDU-Landesvorständlerin Astrid Jantz agitiert an der Humboldt-Uni für Streikabbruch. Dabei verschweigt sie ihre Parteiposten. Auf Nachfrage nennt sie gar einen falschen Namen. Das von ihr vertretene KompromissForum bezeichnet sie als überparteilich

VON STEFAN ALBERTI

Eine treibende Kraft hinter dem Streikabbruch an der Humboldt-Universität vom Montag ist führendes Mitglied von CDU und Junger Union (JU). Jene Wirtschaftsstudentin, die sich als „Astrid“ vorstellte und mit einer starken Rede die HU-Vollversammlung auf Protest statt auf Streik einschwor, ist Astrid Jantz (26), vielfache Unionsfunktionärin: Mitglied des CDU-Landesvorstands und der JU-Bundesspitze, Vize in der CDU-Fraktion in Lichtenberg, Vize im Ortsverband Hohenschönhausen. Auf taz-Frage nach ihrem Nachnamen hatte sie Montag „Schneider“ genannt.

Gestern sagte Jantz zu ihrer Namenslüge: „Das tut mir im Nachhinein Leid.“ Sie habe verhindern wollen, dass das von ihr vertretene Humboldt-KompromissForum in ein parteipolitisches Licht gestellt würde. Aus der Jungen Union war Unverständnis für die falsche Namensnennung zu hören. Auch im Landesvorstand der CDU war man nicht gerade glücklich über Jantz. Er gebe immer seinen vollen Namen an und lege Wert darauf, dass er auch richtig geschrieben werde, sagte Generalsekretär Gerhard Lawrentz, „das muss Frau Jantz noch lernen“.

Die HU hatte am Montag die Einheitsfront der großen Berliner Hochschulen gebrochen und, anders als tags darauf Freie und Technische Universität, den Ausstand nicht verlängert. 1.980 Studierende stimmten nach einer heftigen Debatte per Hammelsprung gegen weiteren Streik, 1.800 dafür. Eine Mehrheit fand sich nur für wöchentlich vier Protesttage werktags. Am Mittwoch benannte zwar laut ReferentInnenrat – quasi der HU-Studentenregierung – eine weitere Vollversammlung diese Protesttage in „Streiktage“ um. Weil daran jedoch weniger als 1.800 Studierende teilnahmen, gilt dieser Beschluss zwar als rechtsgültig, aber nicht als rechtsbindend.

Jantz wies am Montag in einer mehrminütigen Eingangsrede auf die Gefahr des Ausfallens von Leistungsnachweisen hin, forderte Streikabbruch und plädierte unter viel Beifall dafür, Studium und Protest zu vereinen. Das sollte über einen Protesttag pro Woche geschehen. „Wenn sie gesagt hätte, sie komme von der CDU, hätte sie deutlich weniger Beifall erhalten. Das war eine bewusste politische Täuschung“, sagte gestern Thomas Sieron, für Lehre und Studium zuständig im HU-ReferentInnenrat.

Dort hatte man Jantz zwar beim CDU-nahen Ring Christlich Demokratischer Studenten eingeordnet. Der großen Masse der Kommilitonen aber sei das nicht bekannt gewesen, umso weniger die Parteiämter, sagte Öffentlichenkeitsreferentin Dorothee Booth. „Politische Fairness hätte es geboten, klar zu sagen, aus welcher politischen Ecke sie kommt.“

Laut Jantz gehören dem Forum Streikgegner und -befürworter an. Die Internetseite www.kompromissforum.de.tf gibt keine Namen an und nennt als Kontakt eine E-Mail-Adresse. Jantz verneinte die Frage, ob das Forum parteilich geprägt sei, nannte es „überparteilich“ und erwähnte die CDU-Posten nicht. Den Newsletter des Forums hätte Jantz alias Schneider selbst nicht erhalten: Dafür wäre laut Bezugsbestimmungen erforderlich „die Angabe des Namens der Person (kein Nickname)“.