Schröder und die „schwarzen Löcher“ Afrikas

Der Bundeskanzler bricht am Wochenende zu seiner ersten Afrikatour auf. Opposition warnt vor „Schönwetterreise“

BERLIN taz ■ Zum ersten Mal reist am Sonntag Bundeskanzler Gerhard Schröder zu Staatsbesuchen nach Afrika. Eine Woche lang wird er in Äthiopien, Kenia, Südafrika und Ghana „Hoffnungsträger in Afrika unterstützen“, wie es gestern offiziell in Berlin hieß. Es ist die erste Afrikareise eines Bundeskanzlers, seit 1995 Helmut Kohl nach Südafrika und Namibia fuhr.

Die Reise reicht von Treffen mit in Deutschland ausgebildeten Äthiopiern bis zur Einweihung des Kofi-Annan-Ausbildungszentrums für Friedenstruppen in Ghana. Die Bundesregierung stellt die Tour als Beleg für die zunehmende Bedeutung Afrikas dar. Es gehe um Sicherheitspolitik, hieß es gestern aus Regierungskreisen, denn zerfallende Staaten in Afrika bildeten „schwarze Löcher“, aus denen sich Terrorismus entwickeln könnte. Die Stabilität des Kontinents wolle man „nicht nur früheren Kolonialmächten überlassen“. Gerade Deutschland müsse sich für politischen Wandel und für nachhaltige Entwicklung einsetzen.

So soll die Reise afrikanische Erfolgsstorys stärken. Äthiopien bietet die symbolische Kulisse, vor der Schröder im Hauptquartier der Afrikanischen Union (AU) eine Grundsatzrede hält. Äthiopien und Kenia sind die wichtigsten Verbündeten der USA am Horn von Afrika, wo Deutschland mit derzeit einer Fregatte und zwei Bordhubschraubern am internationalen Krieg gegen den Terror teilnimmt.

Mit Kenia, wo Ende 2002 ein viel beachteter friedlicher demokratischer Machtwechsel stattfand, will Schröder eine „privilegierte Partnerschaft“ begründen. Das bedeutet zunächst, dass Deutschland über zwei Jahre 50 Millionen Euro mehr Entwicklungshilfe zahlt. Südafrika ist ohnehin Deutschlands wichtigster Partner in Afrika, und das Kofi-Annan-Zentrum in Ghana ist Deutschlands Beitrag zum Aufbau afrikanischer Friedenstruppen.

Während Regierungskreise die Hoffnungssignale in Afrika betonten, zeichneten Vertreter von CDU/CSU gestern in Berlin ein düsteres Bild vom „Problemkontinent Nummer eins“, mit steigender Armut, sinkender Lebenserwartung und „vagabundierenden“ Reichtümern. „In Afrika gibt es die meisten Regierungen mit der schlechtesten Regierungsführung, und daher möchten wir den Bundeskanzler auffordern, dass er keine Schönwetterreise macht, sondern mit afrikanischen Politikern Tacheles redet!“, verlangte Christian Ruck, entwicklungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Als ein Beispiel wurde Kenia genannt, des Kanzlers Musterland. „In Kenia muss über die Tatsache gesprochen werden, dass es in Polizeigewahrsam Folter mit Todesfolge gibt“, forderte Hermann Gröhe, Mitglied im Bundestagsausschuss für Menschenrechte. Der kenianische Menschenrechtsverband hatte vor kurzem berichtet, dass im ersten Amtsjahr des frisch gewählten Präsidenten Mwai Kibaki neun Menschen in der Haft zu Tode gefoltert wurden und 25 als Folge von Misshandlung in Polizeigewahrsam starben. Bundeskanzler Schröder will Kenia aber verstärkte polizeiliche Zusammenarbeit anbieten.

Im Mittelpunkt der Reise, so die Union, müsste Simbabwe stehen, ein „Testfall“ für Afrika. Wenn Schröder den südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki nicht „in aller Deutlichkeit“ auffordere, alles in seiner Macht zur Lösung der Krise in Simbabwe zu tun, werde sich diese zuspitzen. Dann drohe der Hungertod von fünf Millionen Menschen, warnte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Arnold Vaatz. Schröder müsse sich die Forderung der simbabwischen Opposition nach mehr südafrikanischem Druck auf Simbabwes Präsident Robert Mugabe zu Eigen machen, so Vaatz: „Wenn der Bundeskanzler Südafrika verlässt, soll nicht einen Tag später die Opposition in Simbabwe resignieren und in Panik verfallen“. Vaatz kann beruhigt sein: So dramatisch wird die Kanzlerreise nicht. DOMINIC JOHNSON