Für alle Fälle Fitz

Die Lisa galt mal als Kabarettistin mit Engagement für Frauenrechte und Minderheiten. Jetzt kämpfte Lisa Fitz als Quotennutte um den Titel des RTL-Dschungelkönigs. Wie konnte es so weit kommen?

VON TINA ANGERER

Abstieg in den Sumpf: Dass sich ein Schlager-Barde, der seinen Zenit in den 70ern schon überschritten hatte, und ein Casting-Star gestern Abend im Finale um den Titel des RTL-Dschungelkönigs stritten, ist vielleicht grauenhaft, aber nicht wirklich erstaunlich. Bei der dritten Finalistin erscheint es anders, zumindest auf den ersten Blick. Die Kabarettzuschauer von Lisa Fitz zahlen dafür, dass sie denkt, und zwar am besten mehr als ihr Publikum. Sie ist die freche Kämpferin für Frauenrechte, ausgestattet mit dem linken Gewissen, geadelt mit Gastauftritten im „Scheibenwischer“, dekoriert mit allerlei Kleinkunstpreisen.

Wie konnte ausgerechnet sie sich zur RTL-Quotennutte machen, sich auf eine Stufe stellen mit einer gefeuerten „Tagesschau“-Sprecherin, die eine abgefilmte Darmspiegelung für eine große Karrierechance hält?

Angst, in Vergessenheit zu geraten, ist es nicht. Auf der Bühne wird sie immer noch gefeiert. „Alles Schlampen außer Mutti“ hieß ihr letztes Liveprogramm, in dem sie mit Sohn Nepomuk den Mutter-Sohn-Konflikt aufarbeitete. Was also trieb sie zur Nabelschau im Dschungel, die ihr gestern ein Angebot von RTL für eine eigene Comedysendung gebracht hat? Aber die zuvor die Kabarettkollegen empörte und ihr den Rauswurf als Fernsehmoderatorin beim Saarländischen Rundfunk bescherte, weil sie angeblich „verheerend“ für das Genre Kabarett ist.

Fitz gehörte eben nie zum „Genre“ Kabarett, wie es die Chefs des SR verstehen. Sie gehörte nie zur Riege der gediegenen, intellektuell privilegierten Herren mit ihrem gepflegten sozialdemokratischen Zeigefinger-Kabarett. Erst in den 80ern emanzipierte sie sich von ihrer ersten Karriere als Dirndl-Mamsell und mutierte zur „Heiligen Hur“. Sie erschütterte das Bayernland mit dem Bekenntnis „Mein Mann ist Perser, ein ganz perverser“ und mit dem Zusatz, ihr Ali sei übrigens nicht der Einzige, mit dem sie sich amüsiere.

Damals war das ein Tabubruch und erschütterte auch die erhabenen Herren des politischen Kabaretts. Lisa Fitz sprach lieber über Koitus als übers Kabinett, kam nicht spitzzüngig daher, sondern „breitmäulig“ – und so ist sie bis heute. Während Kabarettpuristen wie Mathias Richling und Richard Rogler wenn überhaupt, dann auf der Bühne provozieren und schon aus Prinzip keine willige Blondine mit aufs Zimmer nähmen, räkelte sich Fitz mit Mitte vierzig halb nackt auf der Harley und brachte sich mit Ende vierzig einen 24-jährigen Animateur aus dem Urlaub mit nach Hause. „Lieber drei Jahre einen knackigen Kubaner als 30 Jahre einen fetten Bierfahrer“, verkündete sie.

Sie lästert nicht nur auf der Bühne über Spießer, sondern hält sich auch im Alltag nicht an deren Regeln. Rausrücken, ehrlich sein, das sind ihre Ideale. Und die zeigte sie auch in der RTL-Dokusoap „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“. Während Caroline Beil hinterm Busch heimlich über die Camp-Familie herzog, gab Lisa die Mama, die Konflikte anspricht, dabei aber nie den „Lass uns drüber reden“-Ton verliert. Wenn der pubertierende Daniel Küblböck sie hysterisch anplärrte: „Red jetzt nicht mehr mit mir!“, sagte sie ruhig: „Schau, dieser dumme Satz bringt uns doch nicht weiter.“ Auf so was steht sie, die Lisa, und es ist schon jetzt klar, dass sie der Beil ordentlich eine mitgeben wird, wenn sie erfährt, dass die den Fitz’schen Ehrlichkeitskodex verletzt hat.

Selbstverständlich liebt die Fitz die Aufmerksamkeit eines Millionenpublikums. Und sie ist gewiss Profi genug, das Campen mit Küblböck in den nächsten Wochen selbstironisch zu verwerten. Der Urwald-Wahnsinn dürfte ihr auch eine Selbsterfahrung gewesen sein, ein Kommunen- und Kommunikationsspiel, wie es das echte Leben nicht bieten kann. Außerdem konnte sie ihren Kraft- und Körperkult zelebrieren. Sie verachtete schon immer Frauchen im Diätenwahn, die problemzonenorientiertes „Weiberturnen“ betreiben. Sie machte Bodybuilding. Obwohl sie es in der Münchner Promiszene oft und laut krachen lässt, was auch kein Society-Reporter je übersieht, reißt sie beim Charity-Lauf für die Kinder im Irak mit 52 mal eben 30 Kilometer runter. Und genießt es, dass die jungen blassen Soap-Promis sie nur von hinten sehen.

Wahrscheinlich hat sie gedacht, sie darf ihren geliebten Körper mehr einsetzen beim RTL-Spielchen. Das hat nicht ganz geklappt, weil es im Terror-Terrarium weniger um Sport ging als um Psychogymnastik. Aber dass sie es im Jahr 2004 noch einmal geschafft hat, die Herren von der ernsten Satire aufzurütteln und zu einer öffentlich-rechtlichen Säuberungsaktion zu nötigen, das verbucht die Fitz nicht als Abstieg, sondern als Erfolg. Garantiert.