Unkaputtbar: William Beckett

Die Bremer Shakespeare Company bringt Tom Stoppards „Rosenkranz & Güldenstern sind tot“ zur Premiere

Bei Shakespeare sind sie die Deppen. Abgerufen ins größte Drama der Menschheitsgeschichte, sollen sie Hamlets Melancholie erkunden. Aber obwohl sie nie in die Handlung eingreifen, geraten sie zwischen alle Fronten. Willen- und antriebslose Figuren im Ränkespiel der Mächtigen. Für ihre Kopflosigkeit werden sie auch noch einen Kopf kürzer gemacht. Böse Strafe für Rosenkranz und Güldenstern.

Aber was tüdeln so Nebenfiguren eigentlich hinter den Kulissen, wenn Hamlet herumräsoniert, Ophelia zwischen Pflicht und Neigung schwankt und Gertrud sowieso verrückt wird, und alle anderen sich gegenseitig dem Schweigen übereignen? Eine Frage, der Tom Stoppard 1966 nachging und mit „Rosenkranz und Güldenstern sind tot“ sein klügstes Theater-Werk verfasste, das von ihm 1990 auch verfilmt wurde. Jetzt holt die Bremer Shakespeare Company das Stück zurück auf die Bühne.

Dort steht ein Koffer, macht die Antihelden als Reisende, Unbehauste, Außenseiter kenntlich. Rosenkranz und Güldenstern sind sich selbst überlassen und warten. Warten auf Hamlet. Warten auf Sinn. Sie wissen nicht, was sie tun und handeln „auf Verdacht“. Nie einen Bezug zu sich und der Welt entdeckend. So geben sie eine ideale Projektionsfläche für existenzielle Debatten. Wie bei Beckett. Das wollte Stoppard so. Das will auch Regisseur Thomas Weber-Schallauer so.

Also ist das Leben mal wieder nur die Pause zwischen Geburt und Tod. Nichts passiert. Alles ist, wie es ist. Oder vielleicht auch nicht. Und so weiter im philosophischen Slapstick, den Stoppard der kreis- und leerlaufenden „Godot“-Rhetorik nachgebildet hat. Die Gedanken scheinen nicht voranzukommen. Wladimir & Estragon, Rosenkranz & Güldenstern kommen auch nicht voran, obwohl sie immer davon reden, wegzugehen. Am Ende ist alles umsonst, wartet der Tod.

Bei den „Godot“-Figuren wird theatergeschichtlich immer Dick & Doof mitgedacht. So lebt auch in Bremen deren gestisch-mimisches Repertoire wieder auf. Rosenkranz (Markus Seuß) übernimmt die Rolle von Stan Laurel, dem Schussel. Güldenstern (Christoph Jacobi) hat die Funktion von Oliver Hardy, der sich für klüger hält und es nicht ist. Wenn immer mal wieder „Hamlet“-Szenen vorüberhuschen, die mau und einfallslos dahingespielt werden, agieren Seuß/Jacobi einfach weiter als Laurel & Hardy. Kein Bruch zu den aberwitzigen Sprach-Duellen.

Unserer Company kommt der boulevardeske Tiefsinn dieses „well made play“ entgegen: Man kann es vom Blatt spielen, es bietet kaum dramatische Lücken für einfallshuberische Interpretationen oder Regie-Gags. Der Text liefert die besten Lacher. Formulieren wir unser Fazit also mal etwas fade so: ein wunderbares Stück in einer angenehm disziplinierten Inszenierung. fis