Vom Rohbau zum Kulturpalast

Kultursenator Flierl und Bund einigen sich auf kulturelle Zwischennutzung des Palasts der Republik „zunächst“ bis zum Oktober 2004. Staatsoper, Hebbel-Theater und Sofiensæle sind bis dahin Mieter

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Nicht nur die Steinfiguren der Terrakotta-Armee-Ausstellungen, die voraussichtlich ab Mai 2004 zu sehen sind, werden den Palast der Republik bevölkern. Vielmehr wird das umstrittene DDR-Gebäude am Schlossplatz, das seit 13 Jahren wegen der Asbestsanierung geschlossen war, den ganzen Sommer für eine breite kulturelle Zwischennutzung geöffnet sein. Kultursenator Thomas Flierl (PDS), schon immer ein Befürworter der Nutzung des zum Abriss bestimmten Palasts, hat nun die kulturelle Bespielung „zunächst“ bis Ende Oktober 2004 gesichert.

Ein Kuratorium mit Matthias Flügge (Akademie der Künste) und Amelie Deuflhard (für die Sophiensæle und den Verein ZwischenPalastNutzung) unter der Leitung Flierls „vereinbarte am Dienstag erfolgreich mit dem Eigentümer des Palasts der Republik, dem Bund, und der Bauverwaltung des Bezirks Mitte die kulturelle Zwischennutzung“, erklärte der Senator stolz. Danach soll der Rohbau Schauplatz nicht nur der historischen chinesischen Armeereplik, sondern, von August bis Oktober, auch von Ausstellungen, Lesungen, Kongressen, Konzerten, Theateraufführungen, Film- und Multimediaprojekten sein. Zugleich werde geprüft, ob schon in der Zeit der Terrakotta-Schau das Foyer des Volkskammersaals oder andere Flächen parallel vermietet werden könnten. Der Bund mit der Oberfinanzdirektion (OFD) wird mit den drei Hauptmietern – der Staatsoper Unter den Linden, dem Hebbel-Theater „HAU 1, 2, 3“ und den Sophiensælen – nun Verträge schließen. Diese sollen, gemeinsam mit dem Kuratorium, die einzelnen Projekte koordinieren.

Die überraschende Entscheidung kam dennoch nicht von ungefähr. Zum einen hatte das Bundesvermögensamt den Palast 2003 mehrfach für Führungen und musikalische Veranstaltungen vermietet. Zum anderen ließ vor Weihnachten der Chef des Bundesvermögensamts durchblicken, er stehe der Zwischennutzung keineswegs abgeneigt gegenüber, sofern sicherheitstechnische Auflagen erfüllt und die Kosten getragen würden.

Schließlich hatte der Verein ZwischenPalastNutzung konkrete Konzepte zur Bespielung des Rohbaus vorgelegt. Sie alle waren treibende Kräfte gegen Bausenator Strieder (SPD) und Bundestagsvizepräsidentin Vollmer (Grüne), die den möglischst schnellen Abriss des Palasts anvisieren und Zwischennutzungen ablehnten. Der Bund hatte beschlossen, das Gebäude 2005 abzureißen, die Frage der Abrisskosten aber noch nicht endgültig geklärt.

Dominique Krössin, Referentin des Kultursenators, sagte, das nachhaltige Interesse an der Palast-Zwischennutzung habe zusätzlich bewirkt, nun eine vertragliche Regelung anzustreben. Man sei froh, diese erreicht zu haben. Die Auflagen der Behörden bezüglich Sanitäranlagen, Brand- und Sicherheitsschutz müssten von den Mietern getragen werden. Gegenüber der taz nannte Krössin als Kosten dafür rund 80.000 bis 100.000 Euro. Strieder hatte stets mit angeblichen Kosten in Millionenhöhe gegen eine Nutzung argumentiert. Es sei sicher, so Krössin, dass „diese Aufwendungen von den Veranstaltern, Sponsoren und durch Einkünfte erzielt werden“. Außerdem sei mit den Veranstaltern der Terrakotta-Ausstellung verabredet, dass die von ihnen vorgenommenen Einbauten „möglicherweise übernommen werden können“. Die technische Betreuung des Umbaus der Palastruine soll im Rahmen eines Modellprojektes in der Hand von Studenten der Technischen Fachhochschule liegen.

Krössin sagte, der Vertrag sei bis Oktober geschlossen worden, weil in den Sommermonaten aufwändige und teure Heizungsanlagen nicht gebraucht würden, in den November- und Wintertagen dagegen eine Beheizung nötig sei. Flierl habe aber mit der Formulierung „zunächst die Nutzung bis Oktober“ deutlich machen wollen, dass auch noch weitere Monate „drangehängt“ werden könnten, sofern die Gelder, das Interesse und die notwendigen Einbauten für eine fortwährende Nutzung aufgebracht werden. Dies widerspreche nicht dem Plan und dem Beschluss des Bundestages, den Palast zu beseitigen und die Fläche für den avisierten Schlossneubau vorzuhalten.