Neues aus der Nabelschnur

In Bad Oeynhausen werden erstmalig in Nordrhein-Westfalen Stammzellen aus Nabelschnurblut privat gelagert. Sie sollen die Spender in Zukunft von Krebs, Rheuma und anderen Krankheiten heilen

VON ELMAR KOK

Das Herz- und Diabeteszentrum NRW darf ab sofort Stammzellen, die nach einer Geburt dem Blut der Nabelschnur entnommen werden, einlagern. 25 Jahre lang werden die Zellen in Bad Oeynhausen aufbewahrt, um sie später für Therapien zu nutzen.

Die Gewinnung des Blutes aus der Nabelschnur sei für Mutter und Kind völlig schmerzfrei, sagt Anja Brandt, Sprecherin des Zentrums. Bei privaten Stammzellenbanken werden die Zellen mit Namen hinterlegt, um sie dem Spender später zur Verfügung stellen zu können. Deutschlandweit gebe es nur noch eine weitere private Stammzellenbank, die sich in Leipzig befinde, sagt Anja Brandt.

Die Hoffnung auf einen Nutzen einer solchen Einlagerung sei für die Beteiligten zur Zeit noch etwas vage, sagt Professor Arne Jensen von der Gynäkologieabteilung der Universitätsklinik Bochum. Die Universitätsmediziner kooperieren mit dem Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen. „Für die Mediziner haben die Stammzellen schon jetzt ein riesiges Potenzial, die Patienten hoffen, dass dieses Potenzial irgendwann einsetzbar ist“, sagt Jensen. Die Mediziner hoffen darauf, mit den aus der Nabelschnur gewonnenen Zellen in den nächsten zehn Jahren Leukämie, bestimmte andere Krebsformen und beispielsweise Rheuma sinnvoll behandeln zu können. Schon heute werden Herzinfarktpatienten mit Stammzellen behandelt, die zu einer erneuerung des Herzgewebes führen sollen.

Jensen betont, dass die in der Nabelschnur enthaltenen Zellen nichts mit den in der Vergangenheit kontrovers diskutierten embryonalen Stammzellen zu tun hätten: „Das, was wir hier machen, ist ethisch einwandfrei.“

Denn die aus dem Blut gewonnen Stammzellen lassen sich nach heutigem Forschungsstand im Gegensatz zu embryonalen Stammzellen nicht dazu benutzen, einen Menschen zu züchten.

Allerdings haben die adulten Stammzellen aus Nabelschnurblut im Vergleich zu anderen, beispielsweise dem Knochenmark entnommenen Stammzellen Vorteile. Die Entnahme ist risikolos, das Blut enthält keine Tumorzellen und ist im Vergleich fast virenfrei. Zudem werden die Zellen bei einer Transplantation zu Verwandten besser vertragen. Das Nabelschnurblut ist ferner sofort verfügbar, wenn es gebraucht wird, da es nicht wie Knochenmark erst entnommen werden muss. Menschen, die sich für die Entnahme von Nabelschnurblut entscheiden, um es für den heranwachsenden Menschen einzulagern, müssten für die Aufbewahrungszeit eines Vierteljahrhunderts auf dem privaten Markt 1.700 Euro bezahlen, sagt Jensen. Allerdings könne die Aufbewahrungszeit noch verlängert werden, den Zellen schade das Einfrieren auf minus 196 Grad nicht.

Es gibt auch die Möglichkeit einer altruistischen Spende. Dann kommen die wertvollen Zellen, ohne dass sie einer Person zugeordnet werden können, in eine Spendenbank der öffentlichen Hand. Jensen hält die Zellen jedenfalls für zu wichtig, als dass sie nicht aufbewahrt werden sollten. „Eurocord sammelt schon länger das Nabelschnurblut von Spendern, nur lagern die die Spenden nicht individuell ein“, sagt er. Den deutschen Standort der Stammzellenmedizin hält Jensen für weit entwickelt: „Ich denke schon, dass wir in der Sache gut dastehen.“