Rot-Rot testet grüne Pflänzchen

SPD und PDS begrüßen Grünen-Initiative für Modellversuch zur Cannabis-Legalisierung. Realisierung aber bleibt fraglich. FDP setzt auf Bundespolitik. CDU bleibt unentspannt

SPD und PDS haben den Grünen-Antrag für einen Modellversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabis in Berlin grundsätzlich begrüßt. Auf der Podiumsdiskussion „Neue Wege in der Berliner Cannabis-Politik?“ am Mittwochabend waren sich Vertreter fast aller Parteien einig, dass die über 30-jährige Verbotspolitik kläglich gescheitert ist.

Gesundheitsstaatssekretär Hermann Schulte-Sasse hält viel von der Idee eines Modellversuchs. Die Erfolgschancen für den Antrag beurteilt er allerdings pessimistisch. „Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Antrag wieder ablehnt.“ Schon 1994 hatte Schleswig-Holstein ebendort auch einen Modellversuch beantragt – und war gescheitert.

Auch wenn er dem Antrag keine großen Chancen einräumt: Schulte-Sasse findet es spannend, zu überprüfen, ob eine Legalisierung von Cannabis tatsächlich eine Verringerung des Konsums zur Folge hat. Genau das hatte nämlich zuvor sein Sitznachbar behauptet. Georg Wurth, Vorsitzender des Deutschen Hanfverbandes, nannte auch gleich ein Beispiel: die Niederlande. Wurths Forderungen nach hohen Qualitätsstandards bei Vertrieb und Produktion, einer speziellen Ausbildung der Verkäufer und einer Vernetzung der Verkaufsstellen mit der Drogenberatung fanden lebhafte Zustimmung beim Staatssekretär.

Man war sich einig, dass sich etwas ändern muss in der Berliner Drogenpolitik. Während aber die drogenpolitischen Sprecher von SPD und PDS ein schlüssiges Konzept für den Modellversuch ausarbeiten und in ihren Fraktionen dafür werben wollen, hat die FDP eher die Bundesebene im Visier. Die Landesliberalen wollen deshalb bei ihrem Bundesverband eine Initiative zur Legalisierung von Cannabis starten. Martin Matz, gesundheitspolitischer Experte der Partei, forderte zudem den Senat auf, sich im Bundesrat für eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes einzusetzen.

Einzig die CDU verweigert sich dem Modellversuch komplett. Mario Czaja lehnt die kontrollierte Freigabe ab, denn: „Das Problem ist mit einer Legalisierung nicht zu lösen.“ Das würde nur zu einer Ausdehnung des Drogenkonsums führen. Peter-Michael Haeberer vom Landeskriminalamt hat ebenfalls starke Bedenken. Er fürchtet einen Anstieg der Kriminalität.

Dennoch will sich der Gesundheitsstaatssekretär nun mit den Grünen zusammensetzen, um ihre Vorstellungen über den Modellversuch auszutauschen. SPD und PDS stehen dem Antrag positiv gegenüber, halten ihn aber für verbesserungsbedürftig. Und Georg Wurth – der Mann vom Hanfverband – hat einen neuen Fan: Hermann Schulte-Sasse war ganz begeistert von seinem „schlüssigen Konzept“.

TORBEN TRUPKE