Global denken, lokal produzieren

Die Regierung fördert die Herstellung von Aids-Präparaten in Afrika. Bezahlbare Medikamente für alle ist das Ziel

BERLIN taz ■ Der Kontinent Afrika hat nicht nur mit Armut zu kämpfen, sondern auch mit der Seuche Aids. Keine andere Region der Erde ist von dem immunschwächenden HI-Virus und der Krankheit Aids so stark betroffen wie der Teil Afrikas südlich der Sahara. Nach den Angaben der Organisation UN-Aids leben drei Viertel aller Menschen mit HIV oder Aids in Afrika.

„47 Jahre – das ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Afrika südlich der Sahara, und sie wird noch weiter sinken. Ursache dafür ist vor allem Aids. Wir möchten dabei helfen, dass das Ziel der Weltgemeinschaft erreicht wird, bis 2005 drei Millionen Menschen in Afrika eine Aidsbehandlung zu ermöglichen“, sagte Bernd Pastors, Geschäftsführer des Deutschen Medikamenten-Hilfswerks Action Medeor, gestern in Berlin.

Zusammen mit dem Bundesentwicklungsministerium fördert die Action Medeor den Medikamentenhersteller Pharmakina in der Demokratischen Republik Kongo. Bei der deutsch geführten Pharmakina in der ostkongolesischen Stadt Bukavu, bisher führender Hersteller von Malariamedikamenten auf Chininbasis in Ostafrika, soll eine Produktionsstätte für Aidsmedikamente mit angegliedertem Diagnostik- und Therapiezentrum entstehen. Die Bundesregierung steuert 300.000 Euro bei.

Die Pharmakina ist eines von nur ganz wenigen ausländischen Unternehmen, das in Kongos Kriegsgebiet auch in den schlimmsten Zeiten durchhielt, Arbeitsplätze anbot und Investitionen tätigte. Im Osten Kongos hat sich Aids in den letzten Jahren aufgrund des Krieges so schnell und unkontrolliert ausgebreitet wie kaum irgendwo sonst in Afrika.

Wo die ärmsten Menschen leben, ist auch kein Geld für ärztliche Infrastruktur und Medikamente vorhanden. Das ist die Erfahrung, welche die Thailänderin Krisana Kraisintu bei ihrer Arbeit bisher gemacht hat. Die Pharmazeutin Kraisintu hat in Thailand ein Aidspräparat entwickelt, dass „fünfmal billiger ist“ als das importierte Produkt. Weil sie dabei Wirkstoffe benutzt hat, deren Patente bei großen Pharmakonzernen liegen, wurde sie unter Druck gesetzt. Der Vorwurf: unerlaubte Kopie des Originalprodukts.

Kraisintu hat auch beim Aufbau der Produktionsstätte im kongolesischen Bukavu mitgeholfen. Die Fabrik soll in zwei Wochen anfangen und zunächst 2.000 und schließlich 10.000 Patienten versorgen. Bukavu ist ein Pilotprojekt, weil es im Kongo bisher überhaupt keine lokale Produktion von Aidspräparaten gibt. Die Strategie: Den betroffenen Ländern die Möglichkeit geben, ihre dringend benötigten Medikamente selbst herstellen zu können. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sagte, nur wenn die Menschen vor Ort wüssten, dass für sie auch Präparate erhältlich sind, die das Immunschwächevirus bekämpfen, ließen sie sich überhaupt auf HIV testen.

MICHAEL SITTIG

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