Allein in Gesellschaft

Berlin gilt als Single-Hauptstadt mit seinen Angeboten wie Single-Segeln, Single-Kochen und seinen Single-Partys. Wer allein nach Berlin reist, hat viele Möglichkeiten, Anschluss zu finden

VON CHRISTINE BERGER

Allein ist der Mensch in Berlin nur im Geiste. Dicht gedrängt in der U-Bahn, im Kaufhaus oder Schwimmbad werden selbst dem Single seinesgleichen häufig zu viel, weshalb er oder sie die Einsamkeit in brandenburgischen Wäldern sucht, Yoga macht oder sich sonst wie in die innere Versenkung begibt. Wer allerdings als Besucher nach Berlin reist, und das allein, kommt vor allen Dingen, um sich ins menschliche Gewühl zu stürzen. Schweißtreibende Clubnächte, vermuffte Stadttouren mit dem Bus und Schlangestehen an der Fresstheke des KaDeWe werden auf dem Weg durch den Großstadtdschungel gern in Kauf genommen.

Doch auch dem Alleinreisenden sollte auf die Dauer die Dichte menschlicher Gerüche und Gebeine nicht genügen, weshalb im Folgenden ein Singleprogramm vorgestellt wird, das die Stadt nicht nur physisch näher bringt, sondern womöglich auch dem Singledasein ein Ende setzt. Denn, unter uns gesagt, wer reist schon gern allein?

Bekanntschaften machen, Kontakte knüpfen oder Freunde fürs Leben finden lässt sich am besten beim gemeinsamen Sport. Warum also nicht aus dem Hotelbett hüpfen, die Joggingschuhe schnüren und ab zum AOK-Frühstückslauf? Immer wieder samstags um 9 Uhr treffen sich Läufer aller Sportlichkeitsstufen am Charlottenburger Mommsenstadion. Spätaufsteher gehen am selben Tag um 14 Uhr zur RBB-Laufbewegung, dem größten Joggertreff der Stadt. Gestartet wird im Tiergarten zwischen Hofjägerallee und Straße des 17. Juni. Für alle Leistungsstufen steht ein Trainer bereit, und bei all den Läufern wäre es ein Wunder, nicht jemanden zu treffen, der hinterher noch eine Apfelschorle zischen mitgeht oder einen vielleicht zum Duschen einlädt.

Wer in dieser Hinsicht partout kein Glück hat, schließt sich am besten einer der vielen Stadtführungen an. Beim Gang durch „Berliner Unterwelten“, dunkle U-Bahn-Tunnel und feuchte Bunker, rücken die Teilnehmer in der Regel automatisch zusammen, was die Bereitschaft zur Kontaktaufnahme mächtig steigert. Wenn dann noch eine Ratte von links nach rechts den Weg kreuzt … ein spitzer Schrei, eine Ohnmacht … es gibt so viele Tricks.

Und dann hat man natürlich Hunger, muss was essen, will aber nicht allein. Auch da kann geholfen werden. Die Buchhandlung Kochlust etwa hält Seminare, bei denen ein Profikoch in die Kunst des Speisenzubereitens einführt. Verschiedene Themen, viele Einzelteilnehmer und vor allen Dingen: Es darf gegessen werden, und das vom Feinsten! Schlussendlich hilft aber manchmal nur noch eine Single-Party. Die veranstaltet das Stadtmagazin tip zweiwöchentlich in der Kalkscheune in Mitte. Wer sich dort blicken lässt, hat eindeutige Absichten. „Viele suchen jemanden zum Ficken“, urteilte jüngst einer über die Abendveranstaltung mit Achtzigerjahre-Disko und einem Publikum zwischen dreißig und fünfzig Jahren. Dass vielleicht auch der Begleiter fürs Leben unter den Anwesenden zu finden ist oder zumindest der für ein paar Tage, liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Vielleicht aber wäre man hinterher doch lieber allein geblieben.

Adressen: Als Begleitung durch Berlin (für die besten Adressen) einschließlich Shopping bieten sich Personal Shopper an: z. B. Silvie Kalemba, Telefon (0 30) 8 81 42 95 Buchhandlung Kochlust, Neue Schönhauser Straße 36/37, Mitte, Tel. 24 63 88 83, www.kochlust-berlin.de. Die Kurse kosten derzeit je nach Thema 38 bis 55 Euro Fisch-sucht-Fahrrad-Party: Info-Tel. (0 30) 25 00 33 60, www.berlinonline.de/tipCHRISTINE BERGER lebt als freie Autorin in Berlin und hat den Marco-Polo-Reiseführer „Berlin für Berliner“ (2003, 240 Seiten, 7,95 Euro) geschrieben