lexikon der globalisierung
: Was bedeutet „Privatisierung“?

Privatisierung ist die Einführung gewinnorientierter Steuerung in Bereiche, die bisher an Kriterien des Gemeinwohls ausgerichtet waren. Privatisierung findet in verschiedenen Formen statt: als Überführung öffentlicher in private Unternehmen wie bei der Post, als private Bereitstellung bisher öffentlicher Dienstleistungen – etwa in der Bildung oder der Kultur – und als Übertragung sozialer Sicherung beispielsweise im Gesundheitswesen an private Finanzmärkte oder als Verwandlung von Teilen der Natur wie Wasser oder Genen in Privateigentum.

Privatisierung wird in der Öffentlichkeit damit begründet, dass private, unter Konkurrenzdruck stehende Unternehmen effizienter arbeiteten als öffentliche Monopole. Tatsächlich führt Privatisierung aber oft dazu, dass öffentliche durch private Monopole ersetzt werden.

Der Kern des Problems besteht darin, dass für das Verhalten privater Unternehmen nicht das öffentliche Interesse, sondern der einzelwirtschaftliche Gewinn entscheidend ist. Dies veranlasst sie immer wieder dazu, durch drastische Kostensenkungen Arbeitsplätze zu vernichten, Arbeitsbedingungen zu verschlechtern sowie die Qualität und Sicherheit der Versorgung zu vernachlässigen und zu versuchen, Marktanteile vor allem durch Werbung zu erobern. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass es außerordentlich schwierig ist, durch politische Kontrolle dafür zu sorgen, dass private Unternehmen Standards des öffentlichen Interesses einhalten.

Privatisierung ist eine wesentliche Säule der neoliberalen Globalisierungsstrategie, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten weltweit weitgehend durchgesetzt hat. Ihr ökonomischer Hintergrund ist die Suche nach profitablen Anlagen für privates Kapital. Sie zielt daher darauf ab, immer größere Bereiche der Gesellschaft für die private Gewinnmaximierung zu öffnen. Hierdurch werden diejenigen, die nicht genügend Geld haben, von wesentlichen öffentlichen Gütern ausgeschlossen. Das führt zu Entsolidarisierung und sozialer Polarisierung.

Soziale Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Kultur und andere Bereiche, die für das Funktionieren einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft notwendig sind, sollten daher prinzipiell dem privaten Gewinnstreben entzogen und öffentlich organisiert und finanziert werden.

JÖRG HUFFSCHMID

Das Lexikon der Globalisierung entsteht in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat von Attac und erscheint jeden Montag. Nächste Woche: Chancengleichheit