Angst vor Altersnacktheit?

Screwball mit Lähmungserscheinung: Nicholson, Keaton und Reeves in „Was das Herz begehrt“ – außer Konkurrenz

Wie reagiert Jack Nicholson auf den Anblick einer nackten Frau, wenn diese mehr als 30 Jahre zählt? Die Antwort ist kein Geheimnis, seit Alexander Payne „About Schmidt“ gedreht hat. Nicholson gibt darin den Rentner Warren Schmidt. In einer Szene hat er die Gelegenheit, auf Kathy Bates’ entblößte Brüste zu schauen; es ist ihm sichtlich peinlich.

In Nancy Meyers’ Komödie „Was das Herz begehrt“ wird aus der Betretenheit handfeste Indignation. Und während Bates ihre in die Jahre gekommenen Reize recht selbstgewiss ausstellte, muss Diane Keaton als Nicholsons neues Gegenüber mindestens hyperventilieren, kaum fällt sein Blick auf ihren nackten Körper. Ist das der Stoff, aus dem die Komödie ist?

Dabei hat Keaton in der Rolle der Theaterautorin Erica Barry im Vergleich zu Nicholsons Figur die besseren Karten: Erfolg, Geld, Schlagfertigkeit, ein Haus am Strand von Long Island, in das sich Michael Ballhaus’ Kamera so verguckt hat, dass sie Bilder wie für „Architectural Digest“ liefert. Hinzu kommt ein Verehrer: der junge Arzt Julian (Keanu Reeves). Doch die altersübergreifende Liebesgeschichte hat es nicht leicht bei Meyers. „Was das Herz begehrt“ wagt nicht mehr als einen züchtigen Kuss, obwohl der Plot behauptet, Julian und Erica seien ein Paar.

Für eine Weile mag das ganz vergnüglich sein: für die Zeit, in der der Film noch nicht zur romantischen Komödie drängt, sondern mit den Wortgefechten zwischen Nicholson und Keaton den Witz der screwball comedy wachruft.

Dann erlahmt „Was das Herz begehrt“ und erinnert fatal an ein Gespräch, das ich einmal mit einer vielleicht 33 Jahre alten Kollegin führte, im Schatten einer Palme, nachdem das Festival am Lido die Verbindung älterer Herren und jüngerer Frauen wieder salonfähig zu machen versucht hatte. Sie beharrte darauf, dass es sehr wenige attraktive ältere Frauen im Film gebe, ich bestand auf dem Gegenteil. Das Problem an „Was das Herz begehrt“ ist, dass er diese Position zu verteidigen vorgibt, in Wirklichkeit aber jener anhängt. CRISTINA NORD

Heute, 22.30, Berlinale Palast. Samstag, 15.00 und 18.30, Royal Palast, 22.00, International