taz berlinalie Suizid-Fragen an Jack

Nehmen sie Viagra?

Sollte man nicht langsam überlegen, ob die Tradition der Pressekonferenz nach Wettbewerbsfilmen reformbedürftig ist? Es wird immer voller, man sieht nichts, hört nichts, und gerade als wir uns die Stehleiter von Reuters ausgeklappt hatten, nahm uns ein Kameramann das Aluteil wieder weg. Durch all die Stative und Kameramannbeine sah ich nur Anatol, den Leiter der Versammlung. Und den kenn ich zur Genüge aus der „Ankerklause“. Dann sah ich eine rote Lederjacke und rote Lederhandschuhe, das waren wohl Fragmente von Diane Keaton. Ach, und ein wenig weiter links, der Typ mit der schwarzen Sonnenbrille ist doch … schon steht ein breiter Hintern zwischen mir und Jack Nicholson. Der soll auf die Frage antworten, ob er selbst denn auch Viagra nehme – wie charmant. Darauf sagt er nichts, leider auch nicht: Ich mache keine Produktwerbung. Dann soll Diane Keaton einfach mal erklären, wie es denn so sei, das Älterwerden. Warum fragt man nicht gleich, ob sie schon Windeln trägt? Nicholson soll dann etwas über den Zustand der deutsch-amerikanischen Beziehungen sagen, und tut das wie ein Diplomat. Je größer die Presseauftriebe werden, desto dummdreister die Fragen. Nur ein Selbstmörder würde mit Nicholson allein im Raum nach seiner Potenz fragen. In Zukunft werden die Stars von der Presse gleich mit verschimmeltem Obst beworfen, fotografiert und auf den roten Teppich gejagt.

ANDREAS BECKER