Das Recht des Stärkeren

Die Polizei erlaubt das Zuparken von Radwegen, weil so viele Autofahrer keinen Stellplatz finden. Dass Radfahrer dort auf die Straße ausweichen, erlaubt sie hingegen nicht. Betroffener zieht deshalb vors Verwaltungsgericht, ADFC spricht von Schikanen

von GERNOT KNÖDLER

Die Straßenverkehrsbehörde hat in der Altonaer Behringstraße nachträglich das illegale Parken von Autos auf dem Seitenstreifen erlaubt, nachdem der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) reihenweise Autofahrer angezeigt hatte. Wie in anderen Straßen können Radler auf dem Radweg neben solcherart geparkten Autos den Sicherheitsabstand nicht einhalten. Ein ADFC-Mitglied ist deshalb vor das Verwaltungsgericht gezogen, um die Radwegebenutzungspflicht in der Behringstraße und der Luruper Chaussee aufheben zu lassen.

Der Fahrrad-Club hatte zunächst versucht, die Autofahrer auf die freundliche Tour vom Falschparken abzubringen. In beiden Straßen wie auch in der Habichtstraße und der Steilshooper Straße in Barmbek konnten Autos am Straßenrand abgestellt werden. Das Parken auf dem Seitenstreifen war nicht erlaubt. Der ADFC klemmte Zettel unter die Wischerblätter mit der Bitte, auf der Straße zu parken.

Mit Ausnahme der Steilshooper Straße hätten die Autofahrer weiter auf dem Seitenstreifen geparkt – direkt neben oder sogar teilweise auf den angrenzenden, benutzungspflichtigen Radwegen. Wer hier mit dem Fahrrad längs kommt, für den bleibt auf den schmalen Radwegen kaum Platz, um zwischen Fußgängern und Autos zu passieren. Öffnet ein Beifahrer unbedacht die Autotür, knallt der Radler dagegen.

In Altona ging der ADFC deshalb einen Schritt weiter und zeigte die Falschparker über ein halbes Jahr hinweg immer wieder an. Die Reaktion der Behörden war verblüffend: Statt die geltenden Regeln durchzusetzen, legalisierten sie in der Behringstraße mit kleinen blauen Schildern das Parken auf dem Seitenstreifen. Für die Luruper Chaussee wird selbiges nach Informationen des Radler-Clubs erwogen. Weil Radfahrer in beiden Fällen die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände nicht einhalten können (siehe Kasten) wird das Verwaltungsgericht am 24. Februar über die Aufhebung der Benutzungspflicht für die Radwege verhandeln.

„Erst werden in Hamburg Radwege angelegt. Anschließend wird das Falschparken am und auf dem Radweg jahrelang geduldet und schließlich, wenn sich mal jemand massiv dagegen wehrt, auch noch legalisiert“, ärgert sich ADFC-Sprecher Stefan Warda. „Damit ist das Befahren der Radwege unmöglich.“ Der ADFC nehme diese Schikanen sehr ernst.

Polizeisprecher Ralf Kunz sieht das ganz anders. „Wir haben dort Bedarf festgestellt“, antwortet er auf die Frage, warum das Parken auf dem Seitenstreifen nachträglich erlaubt worden sei. „Fakt ist, dass aus Sicht der Polizei das Parken dort rechtmäßig ist und aus diesem Grund dort legalisiert wurde.“ Eine Veranlassung, die Radwegebenutzungspflicht aufzuheben, gebe es dagegen nicht. Solange die Mindestbreite für Radwege eingehalten sei, könne die Benutzungspflicht nicht aufgehoben werden. Im Übrigen seien an den entsprechenden Entscheidungen eine ganze Reihe von Behörden und Dienststellen beteiligt. Die Polizei spiele dabei lediglich eine beratende Rolle.

In der Habichtstraße, wo der ADFC keine Anzeigen erstattet hat, soll nach Informationen des Radler-Clubs das Parken ebenfalls legalisiert werden. Die Radler würden auf den Gehweg gezwungen, wo sie de jure Schritttempo fahren müssten, sobald Fußgänger unterwegs sind. Für die Steilshooper Straße haben der Bezirk und die Straßenverkehrsbehörde entschieden, die Radwegebenutzungspflicht aufzuheben.