Gemetzel im Namen des Herrn

Rebellen der nordugandischen „Widerstandsarmee des Herrn“ überfallen Flüchtlingslager, töten mindestens 190 Menschen und brennen Hütten nieder

BERLIN taz ■ Bei einem der blutigsten Massaker in Uganda seit Jahren haben Rebellen der nordugandischen Lord's Resistance Army (LRA) am Samstagabend mindestens 190 Menschen umgebracht. Nach Berichten ugandischer Kirchen und Medien überfielen die LRA-Kämpfer das Vertriebenenlager Barloonyo bei Ogur im Distrikt Lira, metzelten die Insassen nieder und zündeten über 500 Hütten an. Die Bergung der Toten dauerte gestern noch an. Der Abgeordnete der Region, Charles Anjiro, erklärte gestern Nachmittag, gemeinsam mit dem Polizeichef habe er 192 Leichen gezählt. Laut einem Militärsprecher ist das Lager zwar von Sicherheitskräften bewacht worden, diese seien jedoch von Rebellen überrannt worden.

Die LRA bzw. ihre christlich-fundamentalistischen Vorläuferorganisationen kämpfen gegen Ugandas Regierung unter Präsident Yoweri Museveni, seit diese 1986 per Sieg in einem Guerillakrieg die Macht übernahm. Die LRA stützt sich hauptsächlich auf frühere Soldaten des nordugandischen Acholi-Volks und wurde jahrelang aktiv von der Regierung des Sudan unterstützt. Ihr Krieg besteht hauptsächlich in Terrorkampagnen gegen die Zivilbevölkerung Nordugandas, um zu beweisen, dass die Regierung diesen Teil Ugandas nicht kontrolliert. Ihre Praxis, Kinder zu entführen und zu zwangsrekrutieren – über 10.000 binnen zwei Jahren – hat sie international in Verruf gebracht. Seit 2002 hat die LRA ihre Aktivitäten erheblich verstärkt. In immer mehr ländlichen Regionen Ugandas ist die gesamte Zivilbevölkerung an den Rand der Städte in improvisierte Lager geflohen, die weder die Armee ausreichend schützen noch Hilfsorganisationen ausreichend versorgen können. Die Zahl der Binnenflüchtlinge in Norduganda liegt mittlerweile bei 1,3 Millionen. UN-Vertreter sprechen von einer der größten humanitären Katastrophen der Welt.

Weder Zeitpunkt noch Ort des Blutbads von Samstag ist Zufall. Ende Januar reichte Ugandas Präsident gegen die LRA Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein, nachdem eine den Rebellen gesetzte Frist zur freiwilligen Aufgabe und Amnestie ergebnislos verstrichen war. Seither eskaliert der Krieg. Der Distrikt Lira ist mit am heftigsten umkämpft, denn über ihn kann die Armee ins nordugandische Kernland der Rebellen an der Grenze zum Sudan vorstoßen. Bereits am 3. Februar hatte die LRA ein Vertriebenenlager im Distrikt Lira überfallen und 52 Menschen massakriert. Vorigen Donnerstag meldete die Armee in Lira den Tod von 62 Rebellen bei Gefechten.

Die hohe Opferzahl in den Lagern könnte auch mit armeeinternen Problemen zusammenhängen. Ende Januar stahl ein ugandischer Armeeverantwortlicher in Lira den Sold für 3.000 Soldaten und verschwand spurlos. DOMINIC JOHNSON