Rot-Grün senkt Armutsgrenze

Nationale Armutskonferenz rügt die Folgen der Agenda 2010: Durch Reform der Sozialhilfe müssen mehr Menschen von geringerem Existenzminimum leben

BERLIN epd/ap ■ Die Nationale Armutskonferenz hat vor den Folgen der Reformagenda 2010 für die Existenzsicherung gewarnt. Mit der Reform der Sozialhilfe werde das Existenzminimum weiter gesenkt, warf Hans-Jürgen Marcus, der Sprecher des Zusammenschlusses der Wohlfahrtsverbände, der Bundesregierung vor. Die Kürzungen träfen ab 2005 rund fünf Millionen Menschen, darunter 1,5 Millionen Kinder, so Marcus.

Er forderte die Bundesregierung auf, die Regelsätze nachzubessern. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, Menschenwürde sei konjunkturabhängig. Das Existenzminimum dürfe nicht „passend gerechnet“ werden, um die Einsparziele der Agenda 2010 zu erreichen. Die Regierung hatte die Verordnung für die Regelsätze, die ab 2005 auch für Bezieher des künftigen Arbeitslosengeldes II gelten, im Januar vorgelegt. Verabschiedet sie der Bundesrat, werden pauschalierte Sozialhilfesätze von 345 Euro für einen allein stehenden Erwachsenen im Westen und 331 Euro im Osten Deutschlands festgelegt. Von dem Geld müssen die Empfänger alles bezahlen außer Miete und Heizung.

Dies bedeute ein hohes Armutsrisiko für viele Arbeitslose. Derzeit gebe es rund 2,8 Millionen Menschen, die von Sozialhilfe lebten, sagte Marcus. Das seien 3,3 Prozent der Bevölkerung, während es Anfang der 60er-Jahre noch 1 Prozent war. Er kritisierte, die Sozialhilfesätze würden seit rund zehn Jahren nicht ausreichend an die Preisentwicklung angepasst. Zudem würden die Beträge für größere Kinder gesenkt. Ein Ehepaar mit zwei Kindern über 14 Jahren werde 80 Euro weniger erhalten als heute.

Die Verschlechterung treffe ab 2005 auch alle Langzeitarbeitslosen. Zugleich solle der Weg für den Aufbau eines Niedriglohnsektors geebnet und mit einer „Ausdifferenzierung der Verdienste nach unten das gesamte Lohn- und Gehaltsgefüge nach unten gedrückt“ werden. Das neue Arbeitslosengeld II müsse so niedrig angesetzt werden, dass dieser Prozess nicht behindert werde. Bisher zog die Sozialhilfe dem Niveau der verfügbaren Haushaltseinkommen eine Untergrenze. Künftig werde es darum gehen, den Grundsicherungsbedarf so niedrig anzusetzen, dass damit ein Anreiz zur Arbeitsaufnahme verbunden sei.