Muslim sucht neue Stelle

Mitgründer des islamistischen Internet-Portals „Muslim-Markt“ sieht Uni-Job gefährdet

KÖLN taz ■ Yavuz Özoguz bittet seine „sehr geehrten Geschwister im Islam“ um Mithilfe: „Ab sofort suche ich ein neues Betätigungsfeld, mit dem ich auf eine islamisch zulässige Weise meine islamische Pflicht, den Unterhalt meiner Familie sicherzustellen, erfüllen kann“, schreibt der „Webmaster“ des Muslim-Markts auf den Seiten des islamistischen Internet-Portals.

Özoguz, gelernter Ingenieur der Verfahrenstechnik mit dem Spezialgebiet Umweltverfahrenstechnik, arbeitet zurzeit noch an der Universität Bremen. Aber wohl nicht mehr lange: Es sei „davon auszugehen“, dass sein bisheriger Arbeitgeber dem „täglich steigenden Druck nicht länger standhalten kann und das Arbeitsverhältnis nur noch eine Frage der Zeit ist“.

Das wäre längst überfällig. Denn immerhin ist Özoguz nach Ansicht des Amtsgerichts Delmenhorst ein Volksverhetzer, verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung. Jetzt bekam der 44-jährige türkischstämmige Deutsche, der seit Jahren immer wieder durch antisemitische Ausfälle in Erscheinung tritt, die schriftliche Begründung des Urteils zugestellt.

Hintergrund des Urteils, gegen das er Rechtsmittel eingelegt hat, ist unter anderem die kommentarlose Wiedergabe einer Rede des iranischen Revolutionsführers Ali Chamenei auf der Website „Muslim-Markt“ (www.muslim-markt.de). Darin heißt es: „Alle Politiker, alle Journalisten, alle Intellektuelle, alle Offizielle und alle Experten des Westens sollen ihre Köpfe verbeugen, um der Gaskammern zu gedenken. Dabei sollen sie alle einem Märchen beipflichten, dessen Authentizität gar nicht klar ist, und sich selbst schuldig fühlen aufgrund dieser Geschichte.“ Das sei die „Propagandataktik“ der Israelis.

Die genannten Äußerungen, so urteilten die Richter, stellten eine Leugnung der Existenz der Gaskammern dar und es müsse „befürchtet werden, dass gewaltbereite Antisemiten das Gedankengut als eine Art ‚geistigen Brandbeschleuniger‘ aufgreifen“.

Mit der Begründung, dass für das Amtsgericht die Veröffentlichung ohne Kommentar eine Volksverhetzung darstelle, der Muslim-Markt jedoch die Reden des Imans nicht kommentieren werde, ist die inkriminierte Rede Chameneis inzwischen von den Seiten des Muslim-Markts entfernt worden. Aber sie kann trotzdem weiterhin abgerufen werden: Mit dem Hinweis „Jetzt kann sich jeder selbst ein Bild davon machen, wofür Br. Yavuz verurteilt wurde!“ hat Özoguz einen direkten Link zu der entsprechenden Unterseite eines ominösen in Berlin ansässigen „Übersetzungs- und Informationsbüros für Politik, Wirtschaft, Recht, für Demokratie, Völkerverständigung und Frieden“ (info-uebersetzung.de) gelegt, auf der die Rede nachzulesen ist. Hier findet sich auch eine Solidaritätserklärung für Özoguz.

PASCAL BEUCKER