IAEA besorgt über Irans Atomprogramm

Atomenergiebehörde: Die Regierung in Teheran verschwieg den Besitz von Bauanleitungen für Zentrifugen

BERLIN taz ■ Die Internationale Atombehörde (IAEA) hat sich „ernsthaft besorgt“ über das iranische Atomprogramm geäußert. Generaldirektor Mohammed al-Baradei sagte am Montag vor Beginn der dreitägigen Sitzung des Gouverneursrats in Wien, Iran habe es unterlassen, in seinem Bericht vom vergangenen Oktober die Behörde über den Besitz von Bauanleitungen für Zentrifugen zu informieren.

Das weitere Vorgehen der IAEO ist strittig. Deutschland, Frankreich und Großbritannien lehnen eine sofortige Verurteilung durch den IAEO-Gouverneursrat Irans ab. Die drei europäischen Länder sind damit auf Konfrontationskurs zu den USA gegangen. Diese strebten eine Formulierung an, die sofortige Sanktionen gegen den Iran bedeuten könne.

Inspekteure der IAEA hatten nach Presseberichten in Iran Teile einer modernen Uranzentrifuge gefunden. Es soll sich dabei um „Bauteile einer P 2-Zentrifuge“ handeln. Der Fund sei auf dem Militärstützpunkt Doschan-Tappeh in der Nähe von Teheran gemacht worden. Diese Zentrifugen können unter anderem für die Produktion von hochangereichertem Plutonium und demzufolge auch für den Bau von Atombomben verwendet werden.

Iran hatte sich mit der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Atomsperrvertrag der IAEA gegenüber verpflichtet, die Atombehörde über jede Entwicklung seines Atomprogramms zu informieren. Auf die Berichte reagierte der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Hamir Reza Assefi, empört. Sie entbehrten jeder Grundlage. Zutreffend sei, dass Iran Forschung an modernen Zentrifugen betreibe. Dies geschehe jedoch aus „rein wissenschaftlichem Antrieb“.

Wenige Tage ehe die Funde bekannt wurden, erklärte der iranische Außenminister Kamal Charrasi, sein Land habe die Absicht, Atombrennstoffe international zu vermarkten. Iran habe das Potenzial zur Produktion von Brennstäben, sagte der Minister der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Teheran werde rechtzeitig die Atombehörde über entsprechende Schritte informieren.

Die USA reagierten auf die Beteuerungen Irans mit großer Skepsis. Der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, sagte, die US-Regierung sei über die Entwicklung ernsthaft besorgt: „Wir glauben seit langem, dass Iran ein Programm zur Entwicklung von Atomwaffen unter dem Deckmantel friedlicher Motive betreibt.“ Zuvor hatte der Staatssekretär im US-Außenministerium, John Bolton, bei einer Podiumsdiskussion in Berlin gesagt, die USA würden sich den Einsatz militärischer Gewalt bei der Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen vorbehalten. „Die Schurkenstaaten“, zu denen er auch Iran zählte, „müssen sich auf die Konsequenzen einstellen“, betonte der Staatssekretär.

Ungeachtet dieser Drohungen appellierte Teheran an die IAEA, die Untersuchung seines Atomprogramms zu beenden. Hassan Rohani, Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrates, forderte von der Behörde eine Bestätigung, dass das iranische Atomprogramm friedliche Ziele verfolge. Al-Baradei wies diese Forderung zurück. Die IAEA werde die Untersuchungen so lange fortsetzen, bis alle offenen Fragen geklärt seien. BAHMAN NIRUMAND