Genraps soll sich vom Acker machen

Umweltschützer fordern Rot-Grün auf, Gentechnik strenger zu regeln – und manche Pflanzen gleich ganz zu verbieten

BERLIN taz ■ Das von der Bundesregierung vorgelegte Gentechnikgesetz müsse dringend nachgebessert werden, forderten Umweltschützer gestern in Berlin. Im Regierungsentwurf fehlten die wichtigsten Vorsorge-, Schutz- und Haftungsregelungen, erklärte der Präsident des Deutschen Naturschutzringes (DNR), Hubert Weinzierl. Damit auch in Zukunft noch eine gentechnikfreie Landwirt möglich sei, müsse das Gesetz weitaus strenger sein. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, stellten DNR und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gestern denn auch einen eigenen Gesetzesentwurf vor.

Zu den Forderungen der Umweltschutzorganisationen gehört unter anderem ein generelles Anbauverbot für Raps und Sonnenblumen, die gentechnisch verändert wurden. Schließlich könne bei beiden Pflanzen eine unkontrollierte Weitergabe der Genveränderungen nicht verhindert werden, warnten die Umweltschützer.

So gebe es für Raps in Deutschland nicht nur eine „Vielzahl verwandter Wildarten“, die ein Auskreuzen des genmanipulierten Erbgutes wahrscheinlich mache, auch könnten die Rapspollen über viele Kilometer mit dem Wind verbreitet werden.

Das Anbauverbot für genveränderte Sonnenblumen begründeten die Umweltschützer mit den nicht akzeptablen Folgen für die Imkerei. Sonnenblumen gehören – genauso wie Raps – zu den wichtigsten „Bienenweidepflanzen“. Ein unerwünschter Eintrag der genveränderten Pollen in den Honig könne durch keine Schutzmaßnahme verhindert werden.

Diese beiden Pflanzenarten seien somit nicht „koexistenzfähig“, sagte der Münchner Jurist Michael Bihler, der den Gesetzestext für die Umweltverbände formuliert hat. Bihler wies noch darauf hin, dass die möglichen Folgen für Imker in dem Regierungsentwurf überhaupt nicht berücksichtigt worden sind.

Für jede Pflanzensorte müssten spezifische Schutzmaßnahmen erlassen werden, Sicherheitsabstände zum Beispiel oder Pufferzonen mit Mantelsaaten zum Abfangen von Gentech-Pollen. Auch soll jeder Gentech-Landwirt verpflichtet werden, seine Nachbarn frühzeitig darüber zu informieren, welche Gentech-Pflanzen er wann und wo aussäen will. Sollten gentechfrei produzierende Landwirte durch Pollenflug geschädigt werden, müsste auf jeden Fall der Verursacher dafür haften. Dieses Prinzip, so der agrarpolitische Sprecher des BUND, Hubert Weiger, dürfe „nicht auf den Kopf gestellt werden“.

Grundsätzlich sei, so die Kritik des BUND-Sprechers, der großflächige Gentech-Anbau ein „Großexperiment mit unkalkulierbarem Ausgang“. So könne nichts über die Folgen gesagt werden, wenn demnächst überall in der Luft gentechnisch veränderte Pollen herumfliegen würden. WOLFGANG LÖHR