TU zwingt Studierende zur Eile

Studierenden, die mit Prüfungen im Grundstudium in Verzug geraten, droht an drei Fachbereichen der TU die Exmatrikulation. Andere Fakultäten wollen nachziehen. HU plant ähnliche Modelle

VON DAVID DAUNER

Langsam Studierende müssen an der Technischen Universität künftig mit Zwangsprüfungen im Grundstudium rechnen. Drei Fachbereiche haben bereits in der vergangenen Woche entsprechende Regelungen in ihre Prüfungsordnungen aufgenommen. „Mittelfristig werden auch andere Fakultäten zu solchen oder ähnlichen Verfahren greifen“, sagt Jörg Steinbach, Vizepräsident der TU.

Hintergrund der Neuregelung in den Studiengängen Informatik, Elektrotechnik und Technischer Informatik sind die hohen Abbrecherquoten. Nur etwa jeder zweite Studienanfänger in Elektrotechnik und Informatik schließt laut einer TU-Statistik sein Studium ab. Die durchschnittliche Studienzeit liegt zwischen 14 und 15 Semestern. Bisher wurden Studenten, die nach dem 6. Semester noch kein Vordiplom hatten, zu einem unverbindlichen Beratungsgespräch geladen. „Diese Regelung ist zu lasch“, sagt der Informatikprofessor Hans-Ulrich-Heiß.

Die neue Studienordnung zeigt mit einem System der Leistungskontrolle mehr Strenge: Sämtlichen Studienleistungen werden Punkte zugerechnet – pro Jahr sind 60 zu erreichen. Wer weniger als 40 Punkte sammelt, muss nach einem Beratungsgesprach bei einem Professor mit einer Zwangsanmeldung zu Prüfungen rechnen, die innerhalb eines Jahres abgelegt werden müssen. Wer das nicht schafft, wird exmatrikuliert. Nur bei Nichtbestehen bleibt ein weiteres Jahr zur Wiederholung.

Maximal bleiben so 10 Semester für das Grundstudium. „Jeder hat die Möglichkeit, das zu schaffen“, erklärt Heiß. Ganz anders sieht das TU-Student Björn Bollensdorff. Er ist Mitglied der „Initiative Freitagsrunde“. Die hat bereits im Vorfeld der Entscheidung gegen die Neuregelung protestiert. Die Zahl von 10 Semestern stimme nur nominell, führt Bollensdorff an. Wer in den ersten Semestern Prüfungen nicht bestanden habe, komme in arge Bedrängnis, weil er sämtliche Prüfungen innerhalb eines Jahres nachholen müsse. Für Studierende, die nebenbei jobben müssen, sei das nicht zu schaffen, so Bollensdorff.

Um die Vorbereitung auf die Prüfungen zu strecken, kann zwar jeder Student ein Teilzeitstudium beantragen. Die Vorbereitungszeit verlängert sich dadurch um ein weiteres Jahr auf zwei Jahre. Das ist jedoch nur bei Fächern ohne Numerus Clausus möglich. Und die sind an Berliner Unis derzeit die große Ausnahme. „Da müssen wir uns noch was überlegen“, räumt Professor Heiß ein. Ansonsten sei das System aber nur ein leichtes Druckmittel, zumal es Sonderregelungen für soziale Härtefälle gebe.

Dass solche Leistungskontrollsysteme sich demnächst größerer Beliebtheit erfreuen werden, ist kaum verwunderlich. „Die Summe der Mittel, welche einer Universität zugewiesen werden, bemisst sich auch nach der Effektivität der Studiengänge. Lange Studienzeiten und hohe Abbrecherquoten sind da hinderlich“, sagt TU-Vizepräsident Steinbach. Auch an der Humboldt-Universität wird laut Präsidium in den Fakultäten über vorgezogene Leistungskontrollen in Verbindung mit Beratungen diskutiert.