Attac darf auf eigener Demo reden

Veranstalter des Protesttags am 3. April uneins über Härte der Kritik an Rot-Grün

BERLIN taz ■ Der Text wimmelt von Passiv-Sätzen. Von „der Politik“ ist die Rede, und wie tief der kleine Mann für die Gesundheit in die Tasche greifen muss. Doch es fällt auf: Im Aufruf des DGB zur Demonstration am 3. April gegen Sozialabbau taucht das Wort „Bundesregierung“ nicht auf, geschweige denn „Rot-Grün“.

Peter Wahl von Attac spricht dennoch von einem bedeutenden Schritt. „Nach über 100 Jahren Ehe gehen die DGB-Gewerkschaften zum ersten Mal geschlossen gegen eine SPD-Regierung auf die Straße“, lobt Wahl. Doch so einheitlich das Bild der groß angelegten Demonstrationen gegen Sozialabbau wirken wird – in der Vorbereitung hatte es Knatsch gegeben.

Insbesondere die IG Bergbau, Chemie Energie und ihr kanzlertreuer Chef Hubertus Schmoldt wollten verhindern, dass Attac am Samstag in Köln, Stuttgart und Berlin die Bundesregierung zu scharf kritisiert. Schmoldt beharrt darauf, dass der Aktionstag eine Kundgebung des DGB sei: „Es geht nicht gegen die Bundesregierung, sondern um ein soziales Europa.“

Das sieht Attac anders. Rot-Grün habe fehlende Sozialstandards in der Europaverfassung mit zu verantworten. Im Übrigen seien es die Attac-Netzwerke gewesen, die den europaweiten Aktionstag im Herbst mit anderen außerparlamentarischen Initiativen planten. Erst auf dem Europäischen Sozialforum in Paris wurde der Europäische Gewerkschaftsbund aufgefordert, den Protest zu unterstützen.

Die DGB-Spitze war anfangs skeptisch. Doch nachdem schon am 1. November eine Sozialabbau-Demonstration sehr gut besucht worden war, sah der DGB seine Chance. Seither sind die Gewerkschaftsspitzen nicht einig, ob sie ihre Kritik an der Agenda 2010 „im Dialog“ üben oder sich mehr dem Protest der sozialen Bewegungen anschließen sollen. Zumindest die große Sympathiewelle seiner Basis gegenüber Attac hat DGB-Chef Michael Sommer erkannt und die Attac-kritischen Gewerkschafter aufgefordert, mit den Sticheleien aufzuhören.

Attac darf nun auf allen Demonstrationen an prominenter Stelle reden. Nur auf einen gemeinsamen Aufruf konnte sich das Vorbereitungsplenum nicht einigen. Peter Wahl hat damit aber keine Probleme. Sein Motto lautet dann eben: Getrennt appellieren, gemeinsam demonstrieren. FELIX LEE