Der Krieg im Äther

US-Liberale blasen zum Großangriff auf das konservativ dominierte Radio. Es geht um Stimmen – und die Meinungshoheit über das ländliche Amerika

aus WASHINGTON MICHAEL STRECK

Amerikas Liberale wollen den heimischen Äther nicht länger rechten Propagandisten überlassen. Am Donnerstag starteten sie das Projekt „Air America Radio“ mit Politsatiriker Al Franken als Zugpferd. Seine Flaggschiff-Show hat den Namen „The O‘Franken Factor“, eine Anspielung auf die Sendung „The O‘Reilly Factor“ auf Fox News von Star-Rechtsaußen B

US-Radiostationen sind bisher fest in konservativer Hand – was liberalen Aktivisten seit langem ein Dorn im Auge ist. Doch erst das Wahljahr 2004 ließ offenbar die nötige finanzielle und personelle kritische Masse für dieses Projekt erreichen.

Am ersten Sendetag gaben sich prominente Liberale das Mikrofon in die Hand, darunter Michael Moore und Al Gore. Senatorin Hillary Clinton wollte am Freitag ihren Einstand geben.

Talkmaster Franken, der jeden Mittag moderiert, dürfte für den Job den nötigen Biss mitbringen. Der Komiker und bekennende Demokrat verdiente seine Sporen in der Fernsehsendung „Saturday Night Live“. Im vergangenen Jahr hatte er ein Buch geschrieben mit dem Titel „Lügen und die lügenden Lügner, die sie erzählen“, in dem er mit der Medienmacht der US-Konservativen abrechnet. Noch immer steht es auf der Bestsellerliste der New York Times.

Frankens Lieblingsfeind ist Rush Limbaugh, der erfolgreichste Radio-Talker der Nation und ein Guru der Konservativen. Rund 20 Millionen Amerikaner schalten täglich seine Sendung ein, in der er beispielsweise Umweltschützer beschimpft. Dass Limbaugh im vergangenen Jahr gestehen musste, von illegal erworbenen Schmerzmitteln abhängig gewesen zu sein, nutzte Franken für eine erste Breitseite: seine Talkshow werde Zuhörern „auf Fakten basierende, drogenfreie Satire“ bieten.

Konservative Radiostars schießen zurück. „Ihr denkt zwar, dass wir monströse Neandertaler sind. Aber glaubt ihr im Ernst, dass eure linke, pazifistische, multilaterale und französische Weltsicht die Mittelschicht in Amerika gewinnen kann?“, giftet Jay Severin vom Radiosender WTKK 96,9 FM in Boston.

Der mediale Gegenangriff wird in naher Zukunft außerdem nur in den üblich verdächtigen liberalen Hochburgen New York, San Francisco, Portland, Los Angeles und Chicago zu hören sein. Dies dürfte kaum reichen, um schwarze Zahlen zu schreiben. Im Gegenteil: Mark Walsh, CEO von „Air America Radio“, sagt sogar einen Verlust von 30 Millionen Dollar für die kommenden Jahre voraus. Der Berater von Präsidentschaftskandidat John Kerry hob gemeinsam mit dem New Yorker Investmentbanker Evan Cohen das Projekt aus der Taufe – und glaubt, viele Hörer seien „hungrig“ nach einer Alternative.

Im Buschfunk macht jedoch das Wort die Runde, dass Walsh & Co. lediglich nach einem Weg gesucht haben, die Demokraten in einem Wahlkampf, in dem wenige Stimmen entscheiden können, zu unterstützen. Und Franken ließ in der New York Times schon Mal durchsickern, dass er seinen Job nach einem Wahlsieg John Kerrys möglicherweise wieder an den Nagel hängt.