Aids: Südafrika handelt endlich

Zwei Wochen vor den Wahlen beginnt Südafrikas Regierung mit der kostenlosen Verteilung von Anti-Aids-Medikamenten. Täglich sterben in Südafrika 600 Menschen an den Folgen der Immunschwäche

AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI

Nach jahrelangen Verzögerungen hat Südafrikas Regierung zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl mit der Austeilung von Anti-Aids-Medikamenten begonnen. In zwei der neun Landesprovinzen werden Medikamente umsonst an Aidskranke verabreicht, die sich keine Krankenversicherungen leisten können. Sie müssen einen Aidstest vorweisen und die Symptome einer starken Immunschwäche. Die Provinz Gauteng, rund um die Metropole Johannesburg, hat in fünf Krankenhäusern mit der Austeilung begonnen; die Provinz Western Cape um Kapstadt hatte bereits vor Monaten mit eigenen Programm Hilfe geleistet. Andere Provinzen wollen in Kürze beginnen.

Ein landesweiter Behandlungsplan zur Verabreichung der Medikamente im staatlichen Gesundheitswesen war im November 2003 verabschiedet worden, doch die Umsetzung ließ auf sich warten. Aidsaktivisten der Lobbygruppe „Treatment Action Campaign“ (TAC) hatten angekündigt, die Regierung zum wiederholten Male noch vor dem Wahltermin am 14. April zu verklagen. Nun hat die Regierung nachgegeben und die Aktivisten haben ihre angedrohte Klage zurückgehalten.

Ursprünglich hatte die Regierung davon gesprochen, bis Ende März 2004 53.000 Menschen mit den notwendigen Medikamenten versorgen zu können. Nach Angaben der TAC-Gruppe profitieren aber bisher nur 2.700 Menschen von der freien Behandlung. Die Aktivisten waren in den vergangenen Jahren mehrere Male vor Gericht gezogen und hatten Präsident Thabo Mbekis Regierung schwer beschuldigt, wegen unterlassener Hilfe würden Menschen täglich an der Immunschwäche unnötigerweise sterben. Die Zahl der täglichen Aidstoten in Südafrika liegt bei 600 pro Tag, etwa 5 Millionen der 43 Millionen Einwohner des Landes sind mit dem tödlichen Virus infiziert. Die Klage hatte Erfolg.

Noch unlängst hatte Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang erklärt, sie lasse sich nicht in die Verabreichung der Medikamente „hetzen“. Ihre ständige Predigt bei öffentlichen Auftritten, dass Zitronensaft, Knoblauch und Rote Bete als Bestandteil einer Diät hilfreich für HIV-Infizierte seien, führt oft zu Verwirrung in der Bevölkerung und brachte der Ärztin inzwischen den Schimpfnamen „Dr. Rote Bete“ ein.

Südafrika hatte mit Ende der Apartheid vor zehn Jahren besonders in ländlichen Gegenden ein äußerst mangelhaftes Gesundheitssystem geerbt, und mit der gleichzeitig wachsenden Aidskrise steht die Regierung vor enormen Herausforderungen. Dennoch hat die Regierung durch ständiges Infragestellen der Wirksamkeit der Anti-Aids-Medikamente und der Kosten sowie durch unklare politische Botschaften in der Öffentlichkeit in ihrer Aidspolitik lange versagt und es hat mehr als vier Jahre und viele Menschenleben gekostet, bis sie endlich etwas tut.

Die Kosten bleiben ein Problem. Nach Verhandlungen haben sich inzwischen angeblich über 40 Pharmakonzerne bereit erklärt, Südafrika mit billigen Medikamenten zu versorgen, und die Regierung wartet auf ihre Preisangebote. Auch soll der „Medizinische Kontrollrat“ zügig die Registrierung günstiger Medikamente aus lokaler Herstellung oder dem Ausland freigeben.