Kuchen statt Steinen

Autonome laden zum Bankett am Hermannplatz ein. Den Passanten schmeckt‘s, den Polizeibeamten weniger

Den Colt am Gürtel baumelnd, die Kappe tief in die Stirn gezogen patrouillieren zwei Herren in Grün den sonnigen Hermannplatz auf und ab. Sie sind die Vorhut einer Polizeieinheit, die gestern Nachmittag den Hermannplatz umstellt hat. In einem guten Dutzend Polizeiwagen warten die Beamten auf den Einsatz.

Der Anlass: Eine Gruppe linksradikaler Autonomer hat für den Nachmittag unter dem Titel „Festbankett“ eine Kundgebung angemeldet. Diese ist Teil einer ganzen Reihe von Aktionen, mit denen die Veranstalter im Vorfeld des Revolutionären 1. Mai auf soziale Missstände aufmerksam machen möchten.

Punkt 15 Uhr fahren die Linken mit zwei Lieferwagen auf dem Platz vor. Die Ladeklappen springen auf. Eine Gruppe von 20 Autonomen schwärmt aus und baut in Windeseile den halben Platz mit Biertischen zu. Binnen zehn Minuten flattern strahlend weiße Deckchen unter Schnittchen, Kuchen und Sekt. „Kommt alle her! Ist alles umsonst“, schreit einer. „Ey, guck mal, Bier ham die och“, freut sich ein Passant. Da ertönt über Lautsprecher eine Stimme: „Mit dieser Aktion wollen wir gegen den Sozialkahlschlag demonstrieren. Wohlstand kann es für alle geben, man muss ihn nur gerecht verteilen.“ Applaus und Zwischenrufe. „Wunderbar ist das, einfach wunderbar“, sagt die arbeitslose Tine und grinst mit vollem Mund. Die Polizisten stehen daneben. „Jetzt fahren Sie aber mal ihren Lieferwagen vom Platz“, ruft eine Beamtin nach 20 Minuten. Der Wagen fährt, das Picknick bleibt. Friedlich zunächst. DAVID DAUNER