daumenkino
: Männerherzen

Männer in Lebenskrisen ist eines der schönsten Filmthemen überhaupt. Hier sind es gleich vier Freunde, im besten Alter, wie man so sagt, also zwischen 40 und 50, und alle vier sind sie in der Krise. Der eine, schon lange geschieden mit erwachsenen Kindern, muss sich seit dem Tod des Vaters um seine Mutter kümmern. Der andere wird nicht damit fertig, dass seine Frau ihn hintergangen hat. Der dritte wiederum kann nicht anders, als zwanghaft seine Frau zu betrügen, was diese zu ihrem Leidwesen nie beweisen kann (und die Freunde, die um die Affären wissen, halten selbstverständlich dicht!). Der vierte schließlich liebt eine Frau, die halb so alt ist wie er, und weiß nicht, ob er sich auf die Beziehung so richtig einlassen soll.

Regelmäßig kommen die vier Jugendfreunde zusammen, wobei sie – und darin liegt der eigentliche Charme dieses Films – weniger über ihre Probleme reden als vielmehr gemeinsam darüber schweigen. Oder anders gesagt: In wenigen Worten teilen sie mit, wie’s ihnen geht, der Rest der Kommunikation besteht darin, dass sie sich gegenseitig ihrer Männerfreundschaft versichern. Da werden keine gut gemeinten Ratschläge ausgetauscht, die keiner hören will, da wird nicht neugierig nachgefragt, wie man sich fühlt. Was braucht es Seelenbeichten, wenn es Männerwitze gibt?

Außerdem, auch das führt dieser Film sehr schön vor Augen, lösen sich die meisten Probleme ja nicht durchs Reden, sondern ganz von selbst. Bevor man sich noch um den vereinsamten Delikatessenverkäufer mit der verwitweten Mutter Sorgen machen könnte, schneit dem schon eine Frau, jung, hübsch und erfrischend exzentrisch, in den Laden. Die Sexsucht des notorisch Untreuen wird durch beruflichen Aufstieg geheilt – er hat schließlich einfach zu viel zu tun. Den Rest der Wunden versorgt die Zeit, die vergeht. Frauen sind hier konsequent Nebenfiguren mit Katalysatorfunktion. Man bekommt sie kaum richtig zu Gesicht.

Wie die Freunde in ihrem Leben, so kann sich der Zuschauer darauf verlassen, dass, egal was dem Einzelnen passiert, alsbald eine Viererszene folgt. Ob im Freizeitdress beim Fußballgucken, in Arbeitskleidung in der Mittagspause oder in schwarzem Tuch bei der Hochzeit einer Tochter, stets geben die vier gemeinsam ein gutes, stimmungsvolles Bild ab. Dabei mag es kamera-technisch gar nicht so einfach gewesen sein, derartig oft vier Personen gleichzeitig in Szene zu setzen.

Am Ende – dies ist ein französischer Film! – treffen sich alle Figuren im Haus auf dem Land. Da ist es dann vorbei mit den Männerkrisen. Schade eigentlich. BARBARA SCHWEIZERHOF

„Le Coeur des Hommes“ (Die Herzen der Männer). R: Marc Esposito. Mit Jean-Pierre Darroussin, Bernard Campan u. a. Frankreich 2003, 106 Min.