Kulturkampf vor dem MoMA

Linke Demonstranten entdecken ihr Faible für moderne Kunst und wollten kostenlos die MoMA besuchen. Doch der Eintritt wurde ihnen verweigert. Bezahlwilligen Kunstfreunden aber auch

VON FELIX LEE

Kunst kostet. Insbesondere die MoMA. Seit Wochen meldet die Ausstellung des New Yorker Museum of Modern Art immer neue Besucherrekorde. Auf diese hohen Besucherzahlen ist der verantwortliche Verein der Freunde der Nationalgalerie auch dringend angewiesen. Denn allein die Ausleihe, der Transport der Werke sowie der Druck der Kataloge kostet ihn rund 8,5 Millionen Euro. 700.000 Besucher, so haben die Ausstellungsmacher gerechnet, seien notwendig, um die Kosten wieder reinzubekommen. 300.000 Besucher sind es bis zum Wochenende gewesen. Fehlen diese Besucherströme nur einen Nachmittag lang, könnte die Kalkulation schon nicht mehr aufgehen, bestätigt MoMa-Schatzmeister Jan Oehlmann gegenüber der taz.

Kunst kostet. Insbesondere die MoMA. Zwölf Euro muss ein Normalsterblicher hinblättern, wenn er an einem Wochenendtag einen Blick auf die 212 Kunstwerke aus New York werfen möchte. Das empört die Aktivisten der Kampagne „Berlin Umsonst“. Sie finden es ungerecht, wenn wegen der hohen Preise sozial Schwache von einem Besuch der MoMA ausgeschlossen sind.

Deswegen kursieren seit Wochen gefälschte Eintrittskarten, und zum Samstag riefen die Umsonst-Aktivisten zu einem kostenlosen Kollektivbesuch auf. Etwa 400 folgten diesem Aufruf. Doch der Eintritt blieb ihnen verwehrt. Polizisten sorgten dafür, dass auch ja niemand das gläserne Bauwerk betrat. Es waren Polizisten in grüner Kampfmontur, dann Zivilpolizisten, die mit ausgewaschenen Jeanshosen und verkabelten Ohrsteckern herumliefen, und dann einige Sicherheitskräfte in grau melierten Anzügen. Nur einem Kunstbegeisterten gelang es, die Kette zu durchbrechen. Er wurde sofort festgenommen. Vorübergehend auch 14 andere Demonstranten, die gleich zu Beginn der Veranstaltung mehrere bunt bemalte Transparente aufrollen wollten und Flugblätter verteilten.

Null Toleranz, lautete das Motto der Polizei gegenüber den Demonstranten – auch gegenüber bezahlwilligen Kunstfreunden. Denn waren sie nicht in Besuchergruppen organisiert, wurde auch ihnen zwei Stunden lang der Eintritt verweigert. 2.000 verloren gegangene Besucher, rechnet Oehlmann vor, das seien mindestens 24.000 Euro, die ihnen mit dieser Aktion „flöten gehen“. Diese Summe müsse er aber in Kauf nehmen. Er stehe gegenüber den Verleihern in der Pflicht, die wertvollen Kulturgüter zu schützen.

Ein Sprecher der Demonstranten versicherte hingegen, dass sie gar nicht vorhatten, Scheiben zu zerschmeißen oder gar Bilder zu zerstören. Vielmehr war ihr Anliegen, „Kunstgenuss für alle“ einzufordern. Nach etwa einer Stunde zogen sie in einem Demonstrationszug weiter, um sich einer Demonstration gegen die Fahrpreispolitik der BVG anzuschließen.

Nur eine Aktivistin lief nicht mit. Nachdem auch die Polizisten den Eintritt wieder freigaben, sah sie die Gunst der Stunde gekommen und kaufte sich eine Eintrittskarte – ohne wie sonst drei Stunden in der Warteschlange anzustehen. Und was den Umsonst-Aktivisten am Nachmittag missglückte, schafften etwa 50 von ihnen am Abend: Über eine Nebentür gelang ihnen der Gratis-Einlass. Zur ausverkauften taz-Geburtstagsparty im Tempodrom.