mai-rituale
: Überhitztes Gedrängel

Noch vor Tagen versicherte die Polizei, beim diesjährigen 1. Mai am Prinzip der ausgestreckten Hand festzuhalten: Alle Veranstaltungen zu erlauben, zwar massiv anwesend zu sein, aber nur bei Straftaten einzugreifen. Diese Hand zieht die Polizei jetzt wieder ein.

KOMMENTAR VON FELIX LEE
UND GEREON ASMUTH

Zwar will sie die Demo nicht verbieten, so wie 1999 der damalige Innensenator Werthebach, der damit größere Krawalle provoziert hatte denn je. Den Demonstranten den Einzug in ihren Kiez zu verweigern ist aber leichtsinnig. Schon schreien die linksradikalen Veranstalter: „Kriegserklärung“. Das ist völlig überzogen. Aber wer unbedingt einen dummen Grund für Ausschreitungen sucht, hat ihn nun.

Auch der PDS-Bezirksbürgermeisterin, der es letztes Jahr gelang, Demonstrationen und ihr Myfest geschickt unter einen Hut zu bringen, scheint das Einfühlungsvermögen abhanden gekommen zu sein. Warum sollen sich Feiernde und Demonstranten plötzlich auf den Füßen stehen, wenn es im vergangenen Jahr auch klappte?

Die Polizei begründet ihre Haltung damit, dass einer der Organisatoren der Revolutionären Demo, das erst vor kurzem gegründeten linksradikale Bündnis ACT, ein gefährlicher Akteur sei. Dabei war die ACT- Vorfeldkampagne unter dem provokanten Namen „Maisteine“ mit Aktionen wie MoMA-Umsonst oder einem Festbankett für Sozialhilfeempfänger zwar radikal, vom Ablauf aber eher witzig.

Und noch etwas sollte man nicht vergessen: Die Ausschreitungen im vergangenen Jahr begannen am Rande des Myfestes, als die Demonstranten noch weit waren. Niemand käme auf die Idee, das Fest nun für den Krawall verantwortlich zu machen. Aber durch ein Platzverbot für die Demonstranten wird Krawall keinesfalls verhindert.