Nicht alles neu macht der Neuaufbau

Nach dem 6:0 gegen die Ukraine sind die DFB-Fußballerinnen so gut wie sicher für die EM qualifiziert und eh mit Wichtigerem beschäftigt

OLDENBURG taz ■ Nikolai Litvin schaute drein wie Oliver Kahn in Bukarest. „Normalerweise ist sie eine gute Torhüterin“, sagte der Trainer der ukrainischen Fußballspielerinnen, „aber sie spielt in einem Verein in Russland, und da war sie in den letzten Wochen Feldspielerin. Ich kann Ihnen das nicht erklären.“ Irina Zvarich von Energia Woronesh war in der Tat die unglücklichste Figur beim 6:0 gegen die deutschen Weltmeisterinnen vor 13.857 Zuschauern in Oldenburg. In der zweiten Minute half sie beim Führungstreffer von Birgit Prinz mächtig mit und glänzte auch später mit Unsicherheiten in einem äußerst schwachen Team.

Einziges Manko der DFB-Elf: Die sechs Tore waren, gemessen an den Chancen, immer noch zu wenige. Die La-Ola-Welle kreiste trotzdem durchs Stadion – mitten drin DFB-Vize Engelbert Nelle, Nordseewellen-Musikant Klaus Baumgart und Vera Pauw, Trainerin der schottischen Frauen, die am Sonntag in Livingston bei Edinburgh die nächsten Gegner der DFB-Frauen sind. „Beeindruckt“, zeigte sich Pauw: „Meine optimistische Zielsetzung lautet dennoch, möglichst wenige Gegentore zu kassieren. Auch wenn meine Hoffnung jetzt gesunken ist nach diesem Auftritt.“

In Schottland wollen die DFB-Spielerinnen den noch fehlenden Punkt holen, um sich vorzeitig für die EM-Endrunde 2005 zu qualifizieren, die in England stattfindet. Dass das den Weltmeisterinnen gelingt, daran zweifelt niemand nach 42:1 Toren aus sechs siegreichen Qualifikationsspielen. Die Ukraine ist sicherlich kein Spitzenteam, aber im DFB-Team fehlten die vier verletzten Weltmeisterinnen Renate Lingor, Pia Wunderlich, Viola Odebrecht und Stefanie Gottschlich neben den langzeitverletzten Nia Künzer und Steffi Jones sowie den zurückgetretenen Superstars Bettina Wiegmann und Maren Meinert. Das Team mag sich also im Neuaufbau befinden, aber es ist trotzdem schon wieder oder immer noch stark genug, die europäische Konkurrenz auf Distanz zu halten. Nur das 0:1 im Februar gegen China hat Grenzen aufgezeigt.

„Wir haben zahlreiche Alternativen“, freut sich Trainerin Tina Theune-Meyer über Nachwuchskräfte wie Sarah Günther vom Hamburger SV oder Isabell Bachor vom SC Bad Neuenahr. So viele Alternativen hat Theune-Meyer, dass vor allem im Angriff die Auslese schwer wird. Außer Weltfußballerin Birgit Prinz ist niemand gesetzt. Die aber hat sechs höchst ehrgeizige Kolleginnen. Doch Theune-Meyer weiß: „Ich kann nicht mit sieben Stürmerinnen zu Olympia fahren.“

In Athen soll das Olympia-Gold von Sydney vergoldet werden. „Das ist noch ganz weit weg“, sagt Birgit Prinz. Auch Theune-Meyer will ihren Stars nach den nun anliegenden Ende der Bundesliga, dem DFB-Pokalfinale und vor allem dem Uefa-Pokalfinale erst einmal zwei Wochen Urlaub gönnen, ehe es in die Vorbereitung und um die letzten Olympiatickets geht: „An der Personallage im Juni werden wir unsere taktischen Feinheiten mit dem benötigten Personal festlegen.“

Umso mehr werden sich die Spielerinnen jetzt ins Zeug legen. Die nächsten Länderspiele folgen erst im Juli gegen Olympiasieger Norwegen und Ghana, wenn der Kader bereits nominiert ist. Bis dahin stehen nur mehr vier Lehrgänge nach der Bundesligasaison an – und natürlich das EM-Qualifikationsspiel am Sonntag in Schottland. Dort, befürchtet Pauw, werden wohl kaum Zuschauerzahl und Stimmung von Oldenburg erreicht werden, denn „bei uns ist es ein Frühlingsfeiertag. Viele Familien gehen da in die Highlands.“ So wird die schottische Öffentlichkeit wohl die gelungene EM-Qualifikation der deutschen Fußballerinnen verpassen. RAINER HENNIES

DFB: Angerer – Stegemann, Günther, Minnert, Fuss – Carlson (59. Pohlers), Hingst – Garefrekes (76. Müller), Prinz, Bachor (46. Wimbersky) – SmisekUkraine: Zwaritsch – Lijschafaij, Zhadanowa, Mazurenko, Rezwin (46. Oznobikhina) – Pekur, Tschorna, Apanaschtschenko, Werezubowa – Dijatel, Frischko (38. Iwanowa – 73. Wasiljuk)Zuschauer: 13.857; Tore: 1:0 Prinz (2.), 2:0 Bachor (31.), 3:0 Minnert (40.), 4:0 Smisek (45.), 5:0 Wimbersky (69.), 6:0 Prinz (72.)