Mugabe mimt den Saubermann

Simbabwes Präsident bläst zum Kampf gegen korrupte Politiker in seinem eigenen Umfeld. Das bislang prominenteste Opfer ist der Finanzminister. Aber an die wirklich großen Geschäftemacher des Landes wagt sich der Staatschef noch nicht heran

AUS HARARE GODFREY KARORO

Früher fuhr Chris Kuruneri eine allerfeinste Mercedes-Limousine mit Klimaanlage. Am vorletzten Wochenende fuhr Simbabwes Finanzminister in einem fensterlosen Polizeiwagen in eines der schlimmsten Gefängnisse seines Landes: das überfüllte Harare Remand Prison, das die meisten Insassen höchstens im Sarg oder im Rollstuhl verlassen. Die spektakuläre Verhaftung des 55-jährigen Ministers nach gerade zwei Monaten im Amt war der vorläufige Höhepunkt in einer Kette von Korruptionsaffären, die Simbabwe derzeit erschüttern.

Kuruneri wird des Devisenschmuggels beschuldigt, seit eine südafrikanische Zeitung ihm kurz nach seiner Amtsübernahme im Februar vorwarf, in Kapstadt für 30 Millionen Rand (vier Millionen Euro) eine Luxusvilla mit Meeresblick zu bauen. Damals verteidigte sich Kuruneri mit dem Hinweis, die Villa koste „nur“ sieben Millionen Rand (eine Million Euro); das Geld habe er ganz legal vor seiner Berufung in die Regierung als Berater im Ausland verdient und dürfe es daher auch im Ausland ausgeben. Aber dann warf ihm Simbabwes Polizei vor, eine Million US-Dollar, 34.000 Britische Pfund und 30.000 Euro aus Simbabwe transferiert zu haben, was verboten ist, und verhaftete ihn.

Er dürfte ziemlich lange im Gefängnis sitzen. Unter einem neuen Gesetz von diesem Jahr dürfen Simbabwes Gerichte Untersuchungshäftlinge, die der Ausfuhr von Devisen oder Mineralien verdächtigt werden, bis zu 21 Tage festhalten. Auch eine Freilassung auf Kaution danach kommt für Kuruneri nicht in Frage, sagt ein hochrangiger Polizeibeamter: Da er und seine Familie kanadische Zweitpässe haben – auch das ist in Simbabwe heutzutage verboten – bestehe Fluchtgefahr.

Kuruneri sitzt nun im gleichen Gefängnis wie James Makamba, Mitglied des Zentralkomitees der Regierungspartei ZANU/PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front), der am 9. Februar ebenfalls wegen Devisenausfuhr verhaftet wurde. Simbabwes Präsident Robert Mugabe will sich im Vorlauf zu den nächsten Parlamentswahlen im März 2005 als Saubermann darstellen. Nach Jahren der Wirtschaftskrise, die zu Massenarmut geführt hat, wäre ein Feldzug gegen Bereicherung und Korruption an der Staatsspitze ein perfektes populistisches Wahlkampfthema für den 80-jährigen Präsidenten – so wie vor fünf Jahren der Beginn der Enteignung weißer Farmen, mit dem Mugabe seiner Partei den letzten knappen Parlamentswahlsieg sicherte.

Nach Angaben gut informierter Kreise wird bereits gegen über 500 Politiker, Geschäftsleute und NGO-Führer wegen Korruption, Devisen- und Mineralienhandels ermittelt. Die Polizei veröffentlichte vor wenigen Tagen eine Liste von 59 Einzelpersonen, Firmen und religiösen Gemeinschaften, die gegen die Antikorruptionsgesetze verstoßen haben sollen. Mugabe hat einen Antikorruptionsminister berufen, Didymus Mutasa, der vor kurzem alle Simbabwer aufforderte, sich freiwillig zu stellen und ihre Sünden zu bekennen.

In der Öffentlichkeit stößt dies auf Skepsis. „Kuruneri ist Sündenbock“, meint Cecilia Ndlovu in der Stadt Bulawayo. „Mugabe wusste doch vorher Bescheid über Kuruneris Geschäfte, aber dann macht er ihn zum Minister, und zwei Monate später lässt er ihn verhaften, um der Welt zu zeigen, wie er die Korruption bekämpft.“ Ein früherer Kollege des Finanzministers aus seiner Zeit im Vorstand der staatlichen Stadtentwicklungsgesellschaft „Urban Development Corporation“ (UDC) in den Achtzigerjahren sagt ebenfalls, Kuruneris Korruption sei seit langem bekannt. Unter Kuruneri seien aus der UDC Millionen Dollar verschwunden. Kuruneri habe außerdem seinen eigenen Mercedes-Wagen für viel Geld an die UDC verkauft und ihn dann einfach weiter benutzt.

„Wenn Mugabe es ernst meint, sollte er sich an die dicken Fische heranwagen“, sagt der einstige UDC-Mitarbeiter. Er meint Personen, die in Simbabwe jeder kennt: Parlamentspräsident Emmerson Mnanangwa, Exarmeechef Vitalis Zvinavashe und Verteidigungsminister Sydney Sekeramayi. Vor allem die ersten beiden haben nach UN-Recherchen kräftig an Simbabwes Beteiligung im Kongokrieg verdient. An diese und viele andere Leute wagt sich Mugabe noch nicht heran.