Gentech-Mais demnächst im Salat

Die EU-Kommission hebt das Moratorium für die Zulassung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln auf. Sie genehmigt den Verkauf von BT-11-Mais der Schweizer Firma Syngenta. Konservative freuen sich, Verbraucherschützer üben Kritik

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Der genetisch veränderte Speisemais der Sorte BT 11 soll in der EU als Lebensmittel zugelassen werden. Der Schweizer Konzern Syngenta kann sein Produkt nun in die EU importieren. Das hat am vergangenen Mittwoch die EU-Kommission entschieden. Der Anbau ist jedoch weiterhin untersagt. Damit geht der seit Monaten währende Streit nicht zu Ende – er fängt gerade erst richtig an.

Die konservative EU-Abgeordnete Renate Sommer freute sich, dass der „unhaltbare Zustand“ nun beendet sei und neue Gentech-Produkte nicht länger „ohne rechtliche Grundlage und ohne wissenschaftliche Begründung auf Eis“ gelegt würden. Die grüne Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfgen dagegen argumentiert, dass die Kommission mit ihrer Entscheidung die politische Willensbildung im Agrarrat ignoriert, wo sich keine Mehrheit für die Genehmigung fand. Auch würde nicht respektiert, dass die Verbraucher gentechnisch veränderte Lebensmittel mehrheitlich ablehnen.

Der Umweltverband BUND wies darauf hin, dass nur isolierte Eiweiße von BT-11-Mais über einen kurzen Zeitraum getestet worden seien: „Risiken wie Allergien oder Beeinträchtigungen des Immunsystems beim Menschen wurden überhaupt nicht geprüft.“ Aus Sicht von Verbraucherkommissar David Byrne wird der Verbraucher durch die Gesetze zu Etikettierung, Grenzwerten und Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen in die Lage versetzt, selbst zu entscheiden. Deshalb könnten Gentech-Produkte nun wieder bedenkenlos genehmigt werden. „Die EU-Gesetzgebung ist auf dem neuesten Stand und gewährt dem Verbraucher optimalen Schutz und Wahlfreiheit. Die Beendung des De-facto-Moratoriums ist die logische Konsequenz daraus“, stellte Byrne fest. Weitere neun Anträge auf Zulassung genveränderter Lebensmittel würden derzeit von der Kommission geprüft, dazu 24 Anfragen für Anbaugenehmigungen. Auch heute sei die EU keineswegs eine gentechfreie Zone, so Byrne. 34 derartige Lebensmittel seien bereits auf dem Markt.

Beim Anbau sehen Umweltschützer denn auch das eigentliche Problem. Sie fürchten, dass die neue Genehmigungspolitik der EU-Kommission dazu führen wird, dass gentechfreie Produkte bald ganz aus dem Handel verschwinden, weil die Anbaugebiete nicht völlig voneinander abgeschottet werden können. Bei der Schlüsselfrage, wie traditioneller Anbau vor Verunreinigungen geschützt werden soll, hält sich die ansonsten ziemlich regelwütige EU-Kommission zurück.

Solange es nur um die Zulassung von Lebensmitteln geht, ist Byrnes Argumentation folgerichtig: Strenge Etikettierungsvorschriften ermöglichen es dem Verbraucher, seine Wahl selbst zu treffen. „Ein schwarzer Tag für den Verbraucherschutz“, wie die EU-Abgeordnete Hiltrud Breyer meint, ist die BT-11-Entscheidung also sicherlich nicht. Die Nachricht, dass Bayer den Anbau von genverändertem Mais in Großbritannien stoppt und Monsanto vorerst keinen genveränderten Weizen mehr produzieren will, zeigt eindrucksvoll, was die Wahlfreiheit der Verbraucher bewirken kann – vorausgesetzt, es sind überhaupt noch traditionell hergestellte Alternativen im Geschäft zu kaufen.

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