Neues Kapital für ein grünes Gleisdreieck

Bürgerinitiativen wollen Gleisdreieck als Genossenschaft übernehmen, um dort endlich einen Park anzulegen. Baustadtrat Franz Schulz lädt Öffentlichkeit auf das Gelände ein. Der Grundstückseigner Vivico weiß aber von nichts

Bisher grünt sie seit 50 Jahren unbesehen vor sich hin: die Natur am Kreuzberger Gleisdreick. Die Zukunft des Geländes ist seit Jahren heftig umstritten. Innerhalb der kommenden zwei Wochen wird das Gelände erstmals wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das sagte der Kreuzberger Bausenator Franz Schulz (Grüne) der taz.

Die Aktionsgemeinschaft (AG) Gleisdreieck, ein Zusammenschluss mehrerer Bürgerinitiativen, wusste gestern von der für sie erfreulichen Meldung noch nichts. Die Öffnung der Wege ist für sie ein erster Schritt auf dem Weg zu der Parkanlage, für die sie sich seit bereits zwanzig Jahren einsetzt.

Auch Markus Diekow, Pressesprecher der Vivico, scheint von dem Abkommen, an dem sein Unternehmen beteiligt ist, nichts zu wissen. „Das ist nicht so einfach. Da müssten noch die Haftungsregelungen geklärt werden“, sagte er der taz.

Diekow verweist auf das Jahr 2008: Dann wird das Land Berlin Eigentümer der für den Park vorgesehene Teil des Geländes sein. Nach seinen Informationen handelt es sich dabei um ein Areal von 29 Hektar, Bausenator Schulz kommt auf nur 24 Hektar.

Für die Bürgerinitiative AG Gleisdreieck ist diese Fläche so oder so zu klein – und die Übergabe an die Öffentlichkeit noch zu weit in der Zukunft. Sie will schon jetzt die Parkflächen pachten und mit deren Gestaltung beginnen. Denn kommerzielle Bewerber für die begehrte Fläche haben mit ihren Plänen längst vorgeschossen. Sie wollen ein Riesenrad oder einen Golfplatz auf dem Gleisdreieck errichten.

Zudem ökonomisch will die AG Gleidsdreieck nun nachziehen. Dafür haben sie gerade eine Genossenschaft geründet, deren Mitglieder die Pachtzahlungen über Einlagen zusammenbringen sollen. Über diese Finanzierungsmöglichkeit hinaus stehen für den Park 20 Millionen Euro zur Verfügung. Die zahlten Investoren als Ausgleich für die Bebauung des Potsdamer Platzes – derzeit sind die Millionen auf einem Konto der Stiftung Naturschutz geparkt.

„Wir fordern das Land Berlin auf, seine Versprechungen endlich einzuhalten. Wenn der Park nicht bald begonnen wird, wird die Fläche weiterhin verramscht“, sagt Matthias Bauer von der AG Gleisdreieck. Für einen Park würden dann nur noch „Restflächen“ übrig bleiben.

Laut Vivico-Pressesprecher Diekow ist eine Verpachtung noch nicht möglich. Einige der Flächen würden noch von der Deutschen Bahn AG genutzt. Dieses Argument ist für die AG Gleisdreieck jedoch nicht verständlich. „Das ist doch ein Widerspruch“, sagt Marlies Funk von der Aktionsgemeinschaft, „der Golfplatz und Pomp Duck bekommen die Flächen doch auch“.

Laut Bausenator Schulz wird die AG Gleisdreieck bei dem offiziellen Baubeginn des Parks einbezogen werden. Schulz meint, das könnte bereits im Sommer kommenden Jahres der Fall sein. Die vorzeitige Nutzung der vorhandenen Wege habe er in Verhandlungen mit dem Besitzer des Geländes, dem Unternehmen Vivico Real Estate, ausgehandelt.

Vivico gehört zu 100 Prozent dem Bund und untersteht damit Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). Zudem werde, „so wie es aussieht“, sowohl das 175 Meter hohe Riesenrad als auch der 44.000 Quadratmeter große Golfplatz dort gebaut werden.

SASCHA TEGTMEIER